Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

„Stolperfallen“ bei der Durchsetzung von DSGVO-Auskunftsansprüchen gegenüber dem Finanzamt

Art. 15 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gibt jedem das Recht zu erfahren, welche personenbezogenen Daten über ihn gespeichert und verarbeitet werden. Auch gegenüber dem Finanzamt können Sie eine solche Auskunft verlangen. Das Finanzamt muss zudem eine Kopie der personenbezogenen Daten zur Verfügung stellen.

Doch gerade hier gibt es einige Stolperfallen und Besonderheiten, die Sie kennen sollten. In diesem Beitrag erfahren Sie, worauf Sie bei einer Anfrage nach Art. 15 DSGVO beim Finanzamt achten müssen und wie Sie typische Fehler vermeiden.

Antragstellung

Der Steuerpflichtige muss zunächst einen Antrag auf Auskunft beim Finanzamt stellen. Meist wird man sich an „sein“ Finanzamt wenden, so dass schon klar ist, dass dort personenbezogene Daten verarbeitet werden. Die Bestätigung („ob“) ist daher im Normalfall überflüssig.

Der Antrag sollte möglichst präzise formuliert sein (§ 32c Abs. 2 AO), am besten auch unter Verweis auf Art. 15 DSGVO. Die Person, die Auskunft begehrt, muss klar identifizierbar sein.

Der Antrag darf nicht offenkundig unbegründet sein und auch nicht „exzessiv“ gestellt werden, z. B. nur um das Finanzamt zu beschäftigen. In diesem Fall darf das Finanzamt ein angemessenes Entgelt für die Auskunft verlangen oder die Auskunft verweigern (s. dazu BFH, 12.03.2024, IX R 35/21).

Keine Akteneinsicht

Aus Art. 15 DSGVO ergibt sich kein Recht auf Akteneinsicht.

Keine Kopie der Steuerakte

Fraglich ist, was unter einer „Kopie“ (Art. 15 Abs. 3 DSGVO) zu verstehen ist. Man könnte meinen, dass ein Anspruch auf Überlassung einer (Papier-)Kopie der Steuerakte besteht. Anders aber die Rechtsprechung: Art. 15 Abs. 3 DSGVO gehe nicht über den Anspruch aus Abs. 1 hinaus. Der Begriff „Kopie“ beziehe sich nicht auf ein (Papier-)Dokument als solches, sondern nur auf die personenbezogenen Daten, die es enthält und die vollständig sein müssen. Die Kopie muss daher (nur) alle personenbezogenen Daten enthalten, die Gegenstand der Verarbeitung sind (BFH, 07.05.2024, IX R 21/22, Rn. 38). Sie erhalten daher im Normalfall eine Übersicht (Ausdruck) der gespeicherten Daten, aber keine Kopien aller Schriftstücke.

Ausnahme: Nur wenn die Zurverfügungstellung einer (Akten-)Kopie unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung ihrer Rechte aus der DSGVO zu ermöglichen, besteht Anspruch darauf, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken zu erhalten (BFH, 07.05.2024, IX R 21/22, Rn. 39).

„Unverhältnismäßiger Aufwand“ zählt nicht

Das Finanzamt darf den Antrag auf Auskunft nicht mit dem Einwand ablehnen, die Auskunftserteilung sei mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden (BFH, 14.01.2025, IX R 25/22).

Reaktionszeit des Finanzamtes

Das Finanzamt muss die Auskunft unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags erteilen. Die Frist kann in komplexen Fällen um zwei weitere Monate verlängert werden (Art. 12 Abs. 3 DSGVO).

Kein Einspruchsverfahren

Wenn der Antrag auf Auskunft vom Finanzamt ganz oder teilweise abgelehnt wird, ist man vielleicht geneigt, Einspruch dagegen einzulegen. Anders als im normalen Besteuerungsverfahren ist bei DSGVO-Auskünften aber kein Einspruchsverfahren vorgesehen (§ 32i Abs. 9 S. 1 AO).

Wird die Auskunft vom Finanzamt verweigert, darf also kein Einspruch eingelegt werden. Ein trotzdem beim Finanzamt eingelegter Einspruch wäre unzulässig. Stattdessen muss gegen die Ablehnung des Finanzamtes direkt Klage beim Finanzgericht eingereicht werden.

Klagefrist beachten

Bei der Klage zum Finanzgericht ist eine Frist (Klagefrist) zu beachten. Diese beträgt einen Monat ab Bekanntgabe der Ablehnung durch das Finanzamt (§ 47 Abs. 1. S. 2 FGO), da es sich hier um eine so genannte Verpflichtungsklage handelt (BFH, 06.05.2025, IX R 2/23).

Die Ablehnung des Finanzamtes ist ein Bescheid (Verwaltungsakt). Dieser gilt grundsätzlich am vierten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Wurde die Ablehnung zugestellt (z. B. mit Zustellungsurkunde), ist das Datum der Zustellung maßgeblich.

Die Ablehnung ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Wenn die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder falsch ist, kann noch innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Ablehnung Klage erhoben werden (§ 55 FGO).

Gegenstands- bzw. Streitwert

Für eine Klage, in der ein Auskunftsrecht gemäß Art. 15 DSGVO geltend gemacht wird, ist grds. der Auffangstreitwert i. H. v. 5.000,00 € (§ 52 Abs. 2 GKG) zugrunde zu legen (BFH, 15.05.2024, IX S 14/24).

Praxis-Tipp

Kostenrisiko: Ausgehend vom Auffangstreitwert entstehen (mindestens) Anwaltskosten i. H. v. ca. 1.200,00 € und Gerichtskosten i. H. v. 682,00 €. Das muss man mit einplanen bei der Entscheidung, ob sich die Auskunft „lohnt.“

Rico Deutschendorf

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