Versuchte Steuerhinterziehung: Ermittlungsverfahren mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt

Meinem Mandanten wurde vorgeworfen, die Einkommensteuererklärung für 2012 nicht abgegeben und dadurch versucht zu haben, Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von ca. 30.000 € verkürzt zu haben. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) beabsichtigte daher, beim zuständigen Amtsgericht einen Strafbefehl gegen meinen Mandanten zu beantragen.

Nachdem ich mich als Verteidiger bestellt, Akteneinsicht genommen und nach Auswertung der Akten gegenüber der BuStra Stellung genommen hatte, stellte die BuStra das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein.

Im Wesentlichen argumentierte ich:

Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) setze als Tathandlung voraus, dass die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen „in Unkenntnis gelassen“ wurde. Daran fehlte es im vorliegenden Fall, weil das Finanzamt schon anderweitig von den konkreten Besteuerungsgrundlagen Kenntnis hatte.

Zudem habe mein Mandant auch nicht pflichtwidrig gehandelt. Ein pflichtwidriges Unterlassen i. S. v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Form der Nichtabgabe einer Steuererklärung sei erst dann gegeben, wenn die Abgabefrist für die Steuererklärung verstrichen ist. Auch das war nicht der Fall, weil mein Mandant steuerlich vertreten war und für ihn deshalb eine verlängerte Abgabefrist galt (31.12.2013 statt 31.05.2013). Das Finanzamt hatte zwar eine Vorabanforderung der Steuererklärung behauptet, das konnte aber nicht belegt werden.

Und schließlich sei noch vor Ablauf der Abgabefrist (am 23.12.2013) ein Schätzungsbescheid – mit einer zu hohen Schätzung! – ergangen, so dass auch kein Versuch einer Steuerhinterziehung vorliegen könne. Bei pflichtwidriger Nichtabgabe einer Steuererklärung (Unterlassung, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) beginne eine versuchte Steuerhinterziehung erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Steuererklärung nach der gesetzlichen Frist oder gewährten Fristverlängerung spätestens hätte abgegeben werden müssen. Und das war der 31.12.2013.

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