Finanzgerichtsverfahren: Rücknahme oder Erledigungserklärung bei Abhilfe des Finanzamtes?

Nicht selten kommt es vor, dass das Finanzamt im laufenden Finanzgerichtsverfahren abhilft.

Teilweise Abhilfe des Finanzamtes im AdV-Verfahren

Aktueller Beispielsfall: Für eine Mandantin beantragte ich beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung (AdV) von Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheiden. Nachdem ich den AdV-Antrag begründete, gewährte das Finanzamt von sich aus die AdV der Einkommensteuerbescheide.

Daraufhin erhielt ich folgende Aufforderung vom Finanzgericht:

„Teilen Sie bitte mit, ob Sie den Aussetzungsantrag bzgl. der Einkommensteuer … aufrechterhalten oder ggf. zurücknehmen.“

Antragsrücknahme: Kosten- und Haftungsfalle

Beides ist eine böse (Kosten-)Falle: Hält man den Antrag vollumfänglich aufrecht, besteht aufgrund der teilweisen Abhilfe des Finanzamtes kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine AdV der Einkommensteuerbescheide. Der Antrag wäre insoweit unzulässig und müsste in diesem Punkt kostenpflichtig abgewiesen werden (§ 135 Abs. 1 FGO).

Erklärt man die Rücknahme des Antrags (bezogen auf die Einkommensteuer), trägt der Antragsteller (= meine Mandantin) gemäß § 136 Abs. 2 FGO zwingend die Kosten des Verfahrens. Eine andere Kostenentscheidung ist nicht möglich.

Richtigerweise ist hier der Rechtsstreit in der Hauptsache (teilweise, nur bezogen auf die Einkommensteuer) für erledigt zu erklären. In diesem Fall muss das Gericht prüfen, wer den Rechtsstreit voraussichtlich verloren hätte. Diesem sind dann die Kosten aufzuerlegen. Im Fall einer Abhilfe – wie in meinem Beispielsfall – sind grundsätzlich dem Finanzamt die Kosten aufzuerlegen (§ 138 Abs. 1, Abs. 2 FGO).

Praxis-Tipp

Vorsicht also vor einer unüberlegten Rücknahme eines AdV-Antrags oder einer Klage, wenn stattdessen eine Erledigungserklärung in Betracht kommt. Anderenfalls schneidet man der Mandantschaft einen Kostenerstattungsanspruch ab.

Auch bei einer Kostenentscheidung gemäß § 138 Abs. 2 FGO darf berücksichtigt werden, dass Tatsachen oder Beweismittel verspätet vorgetragen wurden (§ 138 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 137 FGO).

Im geschilderten Fall ist fraglich, ob das Finanzgericht mich bewusst „ins offene Messer laufen lassen“ wollte oder die Aufforderung zur Rücknahme einfach nur „schlampig“ formuliert war.

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