GmbH-Geschäftsführerin: Finanzamt sieht nach Anhörung von Haftungsinanspruchnahme ab

Bevor das Finanzamt einen Haftungsbescheid erlässt, wird es den (potenziellen) Haftungsschuldner normalerweise anhören. Im Anhörungsschreiben legt das Finanzamt dar, dass ein bestimmter Haftungstatbestand erfüllt sei. Hierzu können dann Einwendungen vorgetragen werden.

Wenn man als Berater nach Prüfung erkennt, dass der Haftungstatbestand nicht vorliegt oder beispielsweise Festsetzungsverjährung eingetreten ist, bietet es sich an, das vorzutragen.

Beabsichtigte Haftungsinanspruchnahme als KG- bzw. GmbH-Geschäftsführerin

In einem aktuellen Fall erhielt meine Mandantin Ende 2022 ein Anhörungsschreiben des Finanzamtes, wonach beabsichtigt sei, sie als ehemalige Geschäftsführerin einer GmbH für die Steuerschulden einer GmbH & Co. KG, deren Komplementärin die GmbH war, in Haftung zu nehmen.

Bei den Steuerschulden handelte es sich um Umsatzsteuer 2013 und 2014 zzgl. Säumniszuschläge (insgesamt ca. 42.000,00 €). Dabei ging das Finanzamt von einem Haftungszeitraum vom 22.08.2019 bis 02.11.2022 aus.

Einwendung 1: Erlöschen der Vertretungsbefugnis

Nach Prüfung des Sachverhalts wurde festgestellt, dass die Vertretungsbefugnis schon vor Beginn des Haftungszeitraums erloschen war, denn meine Mandantin wurde bereits Ende 2018 als Geschäftsführerin abberufen. Das trug ich dem Finanzamt vor.

Daraufhin entschuldigte sich das Finanzamt – man sei von einem falschen Haftungszeitraum ausgegangen. „Der Beginn des Haftungszeitraums“ sei vielmehr „auf den 31.01.2015 zu datieren.“ An einer Haftungsinanspruchnahme hielt das Finanzamt fest.

Einwendung 2: Festsetzungsverjährung

Ich erwiderte gegenüber dem Finanzamt, wenn nunmehr auf (angebliche) Pflichtverletzungen in den Jahren 2014, 2015 oder 2016 abgestellt werde, dann sei jedenfalls Festsetzungsverjährung eingetreten (§ 191 Abs. 3 S. 2 und S. 4 i. V. m. § 171 Abs. 10 AO). Die zweijährige Umsetzungsfrist aus § 171 Abs. 10 AO sei schon abgelaufen. Ich bat daher nochmals um schriftliche Bestätigung, dass von einer Haftungsinanspruchnahme meiner Mandantin abgesehen werde.

Finanzamt lenkt ein – Haftungsbescheid verhindert

Dem kam das Finanzamt jetzt nach. Es teilte schriftlich mit, dass

„von einer Haftungsinanspruchnahme bzgl. der Steuerschulden der o. g. Gesellschaft … abgesehen“

wird.

Praxis-Tipp

Wermutstropfen: Leider muss das Finanzamt die Beraterkosten für das Haftungsprüfungsverfahren nicht erstatten. Die Beraterkosten sind aber grundsätzlich (nachträgliche) Werbungskosten bei den Einkünften als Geschäftsführerin. Maßgeblich ist das Abflussprinzip.

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