Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Category: Steuerhinterziehung

  • Zitat der Woche: Steuerhinterziehung? Wir verhindern die Restschuldbefreiung!

    In einem Steuerstrafverfahren vor dem Amtsgericht (nach Einspruch gegen einen Strafbefehl) wegen nicht abgegebener Umsatzsteuer-Voranmeldungen mit einem – überschaubaren – Verkürzungsbetrag i. H. v. ca. 8.000 € ging es um die Frage, ob die BuStra einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage (§ 153a StPO) zustimmt. Die BuStra verweigerte die Zustimmung u. a. mit der Begründung:

    „Auch kann eine Zustimmung zu dieser Verfahrensweise nicht erfolgen, da eine rechtskräftige Verurteilung notwendig ist, um dem Beschuldigten die Restschuldbefreiung gem. § 302 InsO versagen zu können.“

    Man reibt sich die Augen: Missbrauch des Strafverfahrens durch die BuStra für verfahrensfremde Zwecke? Die Begründung spricht dafür, dass sich die BuStra in ihrem „Verfolgungseifer“ von sachfremden Erwägungen leiten lässt.

    Bestraft wird, weil Unrecht begangen wurde und nicht, weil die Finanzbehörde eine strafrechtliche Verurteilung für insolvenzrechtliche Zwecke als „notwendig“ ansieht. Gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 StGB ist die Schuld des Täters Grundlage für die Zumessung der Strafe. Eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO kommt in Betracht, wenn die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Das sind eigenständige strafrechtliche und strafprozessuale Kategorien, die mit der Frage, was man behördlicherseits „hinterher“ mit einer Verurteilung anfangen will, nicht vermischt werden dürfen.

    ► Praxis-Tipp

    In diesem Verfahren wurde (bisher) sowohl von der BuStra selbst als auch vom Amtsgericht übersehen, dass die BuStra gar nicht mehr zuständig ist.

    Gemäß § 153a Abs. 2 StPO kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Die Finanzbehörde (BuStra/StraBu) hat im Strafbefehlsverfahren die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft nur, „solange nicht … Einspruch gegen den Strafbefehl erhoben wird“ (§ 406 Abs. 1 AO). Da im vorliegenden Verfahren aber Einspruch eingelegt wurde, ist die sachliche Zuständigkeit der BuStra mit Einlegung des Einspruchs beendet. Damit stehen der BuStra nur noch die Rechte aus § 407 AO zu, hier in Form eines bloßen Anhörungsrechts (§ 407 Abs. 1 S. 2 AO). Auf eine (verweigerte) Zustimmung der BuStra kommt es nicht mehr an.

    Sachlich zuständig ist vielmehr die Staatsanwaltschaft.

    Update (03.04.2020): Zwischenzeitlich hat die zuständige Staatsanwaltschaft signalisiert, der Einstellung zuzustimmen, wenn zunächst die Steuerschuld beglichen wird.

    Update (09.07.2020): Zwischenzeitlich wurde die Steuerschuld und eine Geldauflage i. H. v. 1.500,00 € bezahlt. Danach wurde das Verfahren endgültig gemäß § 153a StPO eingestellt. Erfreuliches Ergebnis, wenn man bedenkt, dass in dem ursprünglichen Strafbefehl 4.500,00 € Geldstrafe angesetzt war.

  • „Update Steuerstrafrecht“ – Vortrag in Stuttgart

    Am 17.10.2019 hielt ich in Stuttgart einen 7,5stündigen Vortrag zum Thema „Update Steuerstrafrecht“ für ARBER|seminare.

  • „Mandant ignoriert die Berichtigungspflicht gemäß § 153 AO, was bedeutet das für den Berater?“ – Aufsatz

    In der Zeitschrift PStR (Heft 8/2019, Seite 203) habe ich einen kurzen Aufsatz mit dem Titel „Mandant ignoriert die Berichtigungspflicht gemäß § 153 AO, was bedeutet das für den Berater?“ veröffentlicht.

    Der Aufsatz beschäftigt sich mit der Frage, was dem (Steuer-)Berater passieren kann, wenn der Mandant seiner Berichtigungspflicht nach § 153 AO nicht nach kommt und wie sich der Berater in einer solchen Situation am besten verhält.

  • Hinterziehung von Kirchensteuer – Kurzbeitrag

    In der Zeitschrift PStR (Heft 7/2019, Seite 156) habe ich einen Kurzbeitrag mit dem Titel „SächsKiStG verweist nicht mehr auf Steuerhinterziehung“ veröffentlicht.

  • Seminar zur Haftung und Verantwortung des Steuerberaters im Strafverfahren

    Am 17.05.2019 nahm ich an einem 5stündigen Seminar zur „Haftung und Verantwortung des Steuerberaters im Strafverfahren“ in Berlin teil. Veranstalter: Erich Schmidt Verlag (ESV).

  • Grundstück zwei Tage zu früh veräußert: „Spekulationsgewinn“ nicht erklärt, Ermittlungsverfahren aber eingestellt

    Kurioser Fall: Ein Mandant kaufte 2006 ein Grundstück. Dem Grundstückskauf lag ein notarielles Kaufangebot vom 15.03.2006 zugrunde, das am 23.03.2006 angenommen wurde. Im Jahr 2016 wollte der Mandant das Grundstück wieder verkaufen. Die 10jährige Haltefrist („Spekulationsfrist“) war ihm bekannt. Daher wollte er auf „Nummer Sicher“ gehen und fragte seinen Steuerberater, wann er denn das Grundstück frühestens verkaufen dürfe, damit der Verkauf steuerfrei sei. Der Steuerberater teilte meinem Mandanten mit, der 15.03.2006 sei maßgeblich für den Beginn der Haltefrist (Ablauf der Haltefrist also am 15.03.2016). Der Mandant veräußerte das Grundstück daraufhin am 22.03.2016.

    Die Beratungsaussage des Steuerberaters war jedoch falsch. Nach der Rechtsprechung war das Kaufangebot vom 15.03.2006 noch keine „Anschaffung“ i. S. v. § 23 EStG. Die „Anschaffung“ kann vielmehr erst in der Annahme des Kaufangebots am 23.03.2006 gesehen werden. Also war der 23.03.2006 (und nicht der 15.03.2006) maßgeblich für den Beginn der Haltefrist. Die Haltefrist lief daher – entgegen der Aussage des Steuerberaters – erst am 23.03.2016 ab.

    Durch den Grundstücksverkauf am 22.03.2016 wurde also die 10jährige Haltedauer nicht eingehalten. Das Grundstück wurde zwei (!) Tage zu früh veräußert. Das Grundstück hätte frühestens am 24.03.2016 verkauft werden dürfen, um die Haltefrist einzuhalten und das Grundstück steuerfrei veräußern zu können.

    Das war das steuerrechtliche Vorspiel. Im Jahr 2019 leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten ein. Vorwurf: Da das Grundstück innerhalb der 10jährigen Haltefrist verkauft wurde, sei dies ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft i. S. v. § 23 EStG. Der Veräußerungsgewinn (ca. 50.000 €) hätte in der Einkommensteuererklärung für 2016 angegeben werden müssen, was nicht geschehen sei.

    Im Ermittlungsverfahren gelang es dann, darzulegen, dass mein Mandant auf die (falsche) Beratungsaussage seines Steuerberaters vertraut habe und vertrauen durfte. Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da sich der Tatverdacht nicht bestätigt habe.

  • „Einführung in die Steuerstrafverteidigung“ – eigenes Seminar in Leipzig

    Am 09.05.2019 hielt ich für die Rechtsanwaltskammer Sachsen ein 5stündiges Seminar zur „Einführung in die Steuerstrafverteidigung.“ Inhalt des Seminars:

    Einstieg

    Teil 1: Steuerhinterziehung

    A. Grundlagen
    B. Tathandlungen
    C. Taterfolg
    D. Vorsatz, Irrtum, Leichtfertigkeit
    E. Versuch
    F. Verfolgungsverjährung
    G. Strafrahmen und Strafzumessung
    H. Sonstige Folgen

    Teil 2: Steuerstrafverfahren

    A. Grundlagen
    B. Ermittlungsverfahren
    C. Zwischenverfahren
    D. Hauptverhandlung
    E. Berufung und Revision
    F. Verteidigervergütung

    Teil 3: Selbstanzeige

    A. Grundlagen
    B. Berichtigung
    C. (Keine) Sperrgründe
    D. Nachzahlung und Zuschlag
    E. Sonstige Folgen
    F. Selbstanzeige – ja oder nein?
    G. Beratervergütung

  • „Verunglückte“ Selbstanzeige als Strafmilderungsgrund

    Durch Abgabe einer – wirksamen – Selbstanzeige wird man nicht wegen Steuerhinterziehung bestraft (§ 371 Abs. 1 AO). Manchmal geht aber bei Erstellung der Selbstanzeige etwas schief und man bekommt später vorgehalten, dass die Selbstanzeige unwirksam sei.

    Beispiel: „Leicht verschätzt“

     

    Herr Müller hat Steuerhinterziehung („Schwarzeinnahmen“) begangen und rechnet damit, dass die Sache bald auffliegt. Es soll daher schnellstmöglich eine Selbstanzeige erstellt werden. Da er keine Unterlagen zur Höhe der „Schwarzeinnahmen“ hat, schätzt er diese. Die Schätzung wird dem Finanzamt näher erläutert und es wird zur Sicherheit noch ein Aufschlag gemacht. Im nachfolgenden Steuerstrafverfahren stellt sich aber heraus, dass die Selbstanzeige unvollständig war: In seiner Selbstanzeige hat Herr Müller (unbewusst) nur eine Steuerverkürzung i. H. v. 80.000 € aufgedeckt, tatsächlich beträgt die Steuerverkürzung jedoch 100.000 €.

    In solchen Fällen spricht man von einer „verunglückten“ Selbstanzeige. Die Selbstanzeige ist unwirksam, weil die Berichtigung unvollständig war. Unbewusste geringfügige Abweichungen („Bagatellabweichungen“) sollen die Selbstanzeige zwar nicht unwirksam machen. Die Rechtsprechung hat dafür eine Bagatellgrenze entwickelt: Jedenfalls eine Abweichung mit einer Auswirkung von mehr als 5 % vom Verkürzungsbetrag i. S. v. § 370 Abs. 4 AO ist als nicht mehr geringfügig anzusehen (BGH, 25.07.2011, 1 StR 631/10).

    Im Beispielsfall beträgt die Abweichung mehr als 5 % (konkret: 20%), daher ist die Selbstanzeige unvollständig und unwirksam.

    Die Selbstanzeige kann auch deshalb unwirksam sein, weil bereits ein Sperrgrund vorlag oder die Steuer-/Zinsnachzahlung (oder der „Strafzuschlag“) nicht oder nicht fristgerecht gezahlt werden kann. Folge ist, dass keine Strafaufhebung nach § 371 Abs. 1 AO in Betracht kommt.

    Allerdings stellt eine „verunglückte“ Selbstanzeige einen Strafmilderungsgrund dar. Das war bisher nur in den AStBV (St) Nr. 77 Ziff. 3a („verunglückte“ Selbstanzeige) geregelt, wurde jetzt aber durch eine BGH-Entscheidung vom 20.11.2018, 1 StR 349/18, bestätigt.

    Praxistipp

     

    Wenn die Selbstanzeige erkennbar vom Willen zur Rückkehr zur Steuerehrlichkeit getragen ist, kann dies zu einer deutlichen Strafmilderung und in besonderen Fällen auch noch zu einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO führen (Jäger in Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 371 Rn. 74).

  • Erste Anklagen in Cum-Ex-Fällen?

    Legal Tribune Online berichtet in einem Beitrag vom 28.03.2019, dass es in Kürze erste Anklagen im Zusammenhang mit Cum-Ex-Fällen geben wird. Man darf gespannt sein, wie das spannende Kapitel steuerstrafrechtlich „aufgearbeitet“ wird.

  • Steuerhinterziehung: Tatvollendung bei unrichtigen Umsatzsteuer(vor)anmeldungen

    Ein „Dauerbrenner“ der letzten Jahre: Relativ häufig hebt der BGH Verurteilungen wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer (durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuer-Anmeldungen) auf, weil die Urteilsfeststellungen des jeweiligen Landgerichts zur Tatvollendung fehlerhaft bzw. unvollständig sind. In einer Entscheidung vom 25.01.2018, 1StR 264/17, verwies der BGH erstmals auf seine „st. Rspr.“ (ständige Rechtsprechung). Eine Entscheidung vom 20.09.2018, 1 StR 512/17, reiht sich in diese Rechtsprechung ein.

    BGH, 20.09.2018, 1 StR 512/17 (vereinfacht)

    Der Angeklagte hatte in seinen Umsatzsteuer-Voranmeldungen wahrheitswidrig nicht steuerbare Auslandsumsätze erklärt. Tatsächlich handelte es sich dabei um steuerbare und steuerpflichtige Inlandsumsätze, was der Angeklagte auch wusste. Das Landgericht hatte ihn deshalb u. a. wegen vollendeter Umsatzsteuer-Hinterziehung in mehreren Fällen verurteilt.

    Der BGH hob die Verurteilung teilweise auf und verwies die Sache zurück. Die Verurteilung hielt teilweise „rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die vom Landgericht insoweit getroffenen Feststellungen keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Beantwortung der Frage enthalten, ob Tatvollendung eingetreten ist.“

    Steuerhinterziehung ist ein Erfolgsdelikt. Der Taterfolg (= Folge der Tat) besteht gemäß § 370 Abs. 1 AO entweder in einer Steuerverkürzung („Steuern verkürzt“) oder in einer Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile. Mit Eintritt der Steuerverkürzung oder mit Erlangung der Steuervorteile ist die Steuerhinterziehung vollendet.

    Der Eintritt der Steuerverkürzung bei der Steuerhinterziehung entscheidet damit über die Einordnung als (noch) versuchte oder (schon) vollendete Tat. Beim Versuch ist ein strafbefreiender Rücktritt möglich (§§ 369 Abs. 2 AO, 24 StGB) und der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§§ 369 Abs. 2 AO, 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB). Der Zeitpunkt der Tatvollendung muss daher genau bestimmt werden.

    Bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen (Voranmeldungen oder Jahresanmeldungen) hängt die Tatvollendung davon ab, ob die unrichtigen Steueranmeldungen zu einer Zahllast oder zu einer Steuervergütung geführt haben. Zwar steht eine Steueranmeldung gemäß § 168 S. 1 AO einer Steuerfestsetzung gleich. Das gilt aber nur für den „Zahllast-Fall.“ Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so steht die Steueranmeldung erst dann einer Steuerfestsetzung gleich, wenn die Finanzbehörde der Steueranmeldung zustimmt (§ 168 S. 2 und 3 AO).

    Das Tatgericht muss daher Feststellungen dazu treffen, ob die jeweilige Steueranmeldung eine Zahllast oder eine Steuervergütung zum Inhalt hatte und – im Fall einer Steuervergütung – ob und wann die Finanzbehörde der Steueranmeldung zugestimmt hat. Im konkreten Fall fehlten diese Feststellungen.

    Praxis-Tipp

    Die Frage, ob eine Zustimmung des Finanzamtes erforderlich war und eine solche Zustimmung vorliegt (§ 168 S. 2, S. 3 AO), hat erhebliche praktische Relevanz. Sie entscheidet darüber, ob die fragliche Tat schon vollendet oder noch im Versuch „stecken geblieben“ ist. Das wird in der Praxis immer wieder übersehen. Fehler bei den Urteilsfeststellungen führen in der Revision zur Aufhebung und Zurückverweisung.

  • Steuerhinterziehung: Zunächst Strafbefehl gegen Bauträger, dann Einstellung gegen Geldauflage

    Mein Mandant erbrachte und erbringt als Bauträger umsatzsteuerfreie Leistungen. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung warf die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) meinem Mandanten vor, im Jahr 2014 keine Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt eingereicht zu haben. Nach Auffassung der BuStra hätte er aber Umsätze erklären müssen, für die er gemäß § 13b Abs. 1, Abs. 5 UStG die Umsatzsteuer geschuldet habe (Bezug von Bauleistungen von einem im Ausland ansässigen Unternehmer und Ort der Leistung im Inland, § 3a Abs. 2 UStG). Dadurch habe mein Mandant ca. 62.000 € Umsatzsteuer verkürzt.

    Die Sache wurde von der Staatsanwaltschaft übernommen und auf deren Antrag erließ das Amtsgericht einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe i. H. v. 13.000 €. Dagegen wurde Einspruch eingelegt und es wurde ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Im Vorfeld hatte ich den Hörer in die Hand genommen und die Sache mit dem Vorsitzenden kurz erörtert. So kam es, dass der Vorsitzende in der Hauptverhandlung gleich nach Verlesung des Strafbefehls selbst anregte, ein Rechtsgespräch zu führen (eigentlich wollte ich eine solche Erörterung anregen, aber er kam mir erfreulicherweise zuvor).

    Im Rahmen des Rechtsgesprächs führte der Vorsitzende einige Punkte auf, die für meinen Mandanten sprächen (Steuern nachgezahlt, Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhalts, keine Vorstrafen), so dass hier auch eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlunge einer Geldauflage in Betracht komme.

    Ich ergänzte, dass man durchaus auch hinterfragen könne, ob der Strafbefehl der so genannten Umgrenzungsfunktion (§ 409 Abs. 1 StPO) genüge. Nach dieser Vorschrift müssen die angeklagten Taten hinreichend bestimmt sein. Die BuStra hatte nach meiner Auffassung verschiedene Umsätze in den falschen Voranmeldungszeitraum eingeordnet, so dass die Umgrenzungsfunktion nicht erfüllt sei.

    Zudem sei fraglich, ob überhaupt ein Fall des § 13b UStG vorliege. Das setze einen im (EU-)Ausland ansässigen Unternehmer voraus. Wenn dieser ausländische Unternehmer aber im Inland (Deutschland) eine Betriebsstätte oder seine Geschäftsleitung habe, dann sei § 13b Abs. 1 UStG gar nicht anwendbar und mein Mandant hätte keine Steuererklärungspflicht gehabt (vgl. § 13b Abs. 7 UStG). Folglich könne man ihm auch kein pflichtwidriges Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) vorwerfen. Aus den Ermittlungsakten ergaben sich deutliche Hinweise auf eine Betriebsstätte bzw. eine Geschäftsleitung des ausländischen Unternehmers in Deutschland. Das hatten aber die Umsatzsteuersonderprüferin, die BuStra und auch die Staatsanwaltschaft bisher übersehen. Wie so oft im Steuerstrafrecht spielt die Musik im Steuerrecht, hier im Umsatzsteuerrecht.

    Dies hätte nun alles in einer umfangreichen Beweisaufnahme geklärt werden müssen. Am Ende einigten sich aber alle Beteiligten – auch aus wirtschaftlichen Gründen – darauf, dass das Strafverfahren gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage i. H. v. 6.500 € an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt wird. Mein Mandant hat somit die Hälfte der ursprünglich im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe gespart und ist weiterhin nicht vorbestraft.

    Praxis-Tipp

    Im vorliegenden Fall hatte sich der Mandant im Ermittlungsverfahren gegenüber der BuStra selbst (ohne Steuerstrafverteidiger) vertreten. Eine frühere Einschaltung eines Steuerstrafverteidigers wäre aber besser gewesen, denn man hätte dieses Ergebnis – Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage – wahrscheinlich schon im Ermittlungsverfahren erreichen können. Dann hätte man Zeit, Kosten und Nerven für den Hauptverhandlungstermin gespart. Aber hinterher ist man immer schlauer.