Steuerhinterziehung: Zunächst Strafbefehl gegen Bauträger, dann Einstellung gegen Geldauflage

Mein Mandant erbrachte und erbringt als Bauträger umsatzsteuerfreie Leistungen. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung warf die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) meinem Mandanten vor, im Jahr 2014 keine Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt eingereicht zu haben. Nach Auffassung der BuStra hätte er aber Umsätze erklären müssen, für die er gemäß § 13b Abs. 1, Abs. 5 UStG die Umsatzsteuer geschuldet habe (Bezug von Bauleistungen von einem im Ausland ansässigen Unternehmer und Ort der Leistung im Inland, § 3a Abs. 2 UStG). Dadurch habe mein Mandant ca. 62.000 € Umsatzsteuer verkürzt.

Die Sache wurde von der Staatsanwaltschaft übernommen und auf deren Antrag erließ das Amtsgericht einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe i. H. v. 13.000 €. Dagegen wurde Einspruch eingelegt und es wurde ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Im Vorfeld hatte ich den Hörer in die Hand genommen und die Sache mit dem Vorsitzenden kurz erörtert. So kam es, dass der Vorsitzende in der Hauptverhandlung gleich nach Verlesung des Strafbefehls selbst anregte, ein Rechtsgespräch zu führen (eigentlich wollte ich eine solche Erörterung anregen, aber er kam mir erfreulicherweise zuvor).

Im Rahmen des Rechtsgesprächs führte der Vorsitzende einige Punkte auf, die für meinen Mandanten sprächen (Steuern nachgezahlt, Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhalts, keine Vorstrafen), so dass hier auch eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlunge einer Geldauflage in Betracht komme.

Ich ergänzte, dass man durchaus auch hinterfragen könne, ob der Strafbefehl der so genannten Umgrenzungsfunktion (§ 409 Abs. 1 StPO) genüge. Nach dieser Vorschrift müssen die angeklagten Taten hinreichend bestimmt sein. Die BuStra hatte nach meiner Auffassung verschiedene Umsätze in den falschen Voranmeldungszeitraum eingeordnet, so dass die Umgrenzungsfunktion nicht erfüllt sei.

Zudem sei fraglich, ob überhaupt ein Fall des § 13b UStG vorliege. Das setze einen im (EU-)Ausland ansässigen Unternehmer voraus. Wenn dieser ausländische Unternehmer aber im Inland (Deutschland) eine Betriebsstätte oder seine Geschäftsleitung habe, dann sei § 13b Abs. 1 UStG gar nicht anwendbar und mein Mandant hätte keine Steuererklärungspflicht gehabt (vgl. § 13b Abs. 7 UStG). Folglich könne man ihm auch kein pflichtwidriges Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) vorwerfen. Aus den Ermittlungsakten ergaben sich deutliche Hinweise auf eine Betriebsstätte bzw. eine Geschäftsleitung des ausländischen Unternehmers in Deutschland. Das hatten aber die Umsatzsteuersonderprüferin, die BuStra und auch die Staatsanwaltschaft bisher übersehen. Wie so oft im Steuerstrafrecht spielt die Musik im Steuerrecht, hier im Umsatzsteuerrecht.

Dies hätte nun alles in einer umfangreichen Beweisaufnahme geklärt werden müssen. Am Ende einigten sich aber alle Beteiligten – auch aus wirtschaftlichen Gründen – darauf, dass das Strafverfahren gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage i. H. v. 6.500 € an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt wird. Mein Mandant hat somit die Hälfte der ursprünglich im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe gespart und ist weiterhin nicht vorbestraft.

Praxis-Tipp

Im vorliegenden Fall hatte sich der Mandant im Ermittlungsverfahren gegenüber der BuStra selbst (ohne Steuerstrafverteidiger) vertreten. Eine frühere Einschaltung eines Steuerstrafverteidigers wäre aber besser gewesen, denn man hätte dieses Ergebnis – Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage – wahrscheinlich schon im Ermittlungsverfahren erreichen können. Dann hätte man Zeit, Kosten und Nerven für den Hauptverhandlungstermin gespart. Aber hinterher ist man immer schlauer.

 

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