Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Category: Steuerhinterziehung

  • „Update Steuerstrafrecht“ – Vortrag am 01.10.2021 in Berlin

    Am 01.10.2021 hielt ich in Berlin einen 5stündigen Hybrid-Vortrag mit dem Titel „Update Steuerstrafrecht“ für das Deutsche Anwaltsinstitut (DAI). Der Vortrag war ein Seminar für die Anwaltsfortbildung.

    Siehe auch: Übersicht zu meinen Vorträgen und Skripten

  • BGH: Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung strafbar

    Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 28.07.2021, 1 StR 519/20, die Entscheidung der Vorinstanz (LG Bonn, Urteil vom 18.03.2020, 62 KLs – 213 Js 41/19 – 1/19) bestätigt, wonach

    „… die Geltendmachung tatsächlich nicht einbehaltener Kapitalertragsteuer gegenüber den Finanzbehörden auf der Grundlage derartiger Cum-Ex-Geschäfte den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt. … Dies ergibt sich schon daraus, dass nur die tatsächlich einbehaltene Kapitalertragsteuer zur Anrechnung und Auszahlung angemeldet werden darf.“

    (Pressemitteilung des BGH vom 28.07.2021; schriftliche Urteilsgründe liegen derzeit – Stand: 22.09.2021 – noch nicht vor)

  • Fußball, Kirchensteuer und Strafrecht

    Irgendwann bei der Vorbereitung meiner Vortragstätigkeit stieß ich auf eine interessante zivilrechtliche Entscheidung des OLG München vom 23.12.2015, 15 U 2063/14 („Luca Toni“). Diese betrifft zwar vordergründig nur den Fall der Steuerberaterhaftung aufgrund der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit Kirchensteuern. Der Fall lässt sich aber auch (steuer-)strafrechtlich „weiterspinnen.“

    Sachverhalt

    Ein italienischer Profi-Fußballer, römisch-katholisch, Wohnsitz in Bayern, heuerte für zwei Jahre bei einem bekannten süddeutschen Bundesliga-Fußballclub an. Der Spielervertrag sah eine Nettovergütung vor, d. h. der Fußballclub trug alle auf die Spielervergütung anfallenden Steuern. Der Fußballer wurde vom Fußballclub – wahrheitswidrig – als konfessionslos angemeldet. Der Fußballclub meldete sodann Lohnsteuer, aber keine Kirchenlohnsteuer an. Später wurde Kirchensteuer nachgefordert (ca. 1,5 Mio € zzgl. Säumniszuschläge).

    Im Aufhebungsvertrag zum Spielervertrag war eine Abgeltungsklausel vereinbart, so dass der Fußballer keinen Anspruch mehr gegen den Fußballclub auf Zahlung der Kirchensteuer hatte. Daher nahm der Fußballer seinen (ehemaligen) Steuerberater in Anspruch. Der Steuerberater hatte ihn trotz Kenntnis aller Umstände nicht über die anfallende Kirchensteuer und die Tatsache informiert, dass der Fußballclub keine Kirchenlohnsteuer angemeldet und abgeführt hatte.

    Entscheidung

    Die Klage des Fußballers hatte zu einem großen Teil Erfolg, der Steuerberater haftete im vorliegenden Fall aufgrund schuldhafter Pflichtverletzung aus dem Steuerberatungsvertrag. Das OLG München war „anhand des unstreitigen äußeren Sachverhalts … davon überzeugt“, dass der Fußballclub das Meldeformular des Fußballers wahrheitswidrig mit „konfessionslos“ ausgefüllt hatte. Zweck „der falschen Eintragung“ sei die „Nichtabführung von Steuern“ (Kirchenlohnsteuer) durch den Fußballclub gewesen.

    (Steuer-)Strafrechtliche Relevanz

    Strafrechtlich relevant ist die unterlassene Anmeldung der Kirchenlohnsteuer durch den Fußballclub. Da die Kirchensteuer aber kein Hinterziehungsobjekt i. S. v. § 370 AO ist, kommt zumindest Steuerhinterziehung nicht in Betracht (BGH, 25.03.2021, 1 StR 242/20). Denkbar ist aber Betrug durch die Verantwortlichen des Fußballclubs. Ob die Verkürzung von Kirchensteuern als Betrug (§ 263 StGB) strafbar ist, hat der BGH bisher offen gelassen bzw. nicht entschieden.

  • Verkürzung von Kirchensteuer ist keine Steuerhinterziehung

    Erneut entschied der BGH (25.03.2021, 1 StR 242/20), dass die Verkürzung von Kirchensteuer keine Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 AO darstellt. Ob stattdessen eine Strafbarkeit wegen Betrugs (§ 263 StGB) in Betracht kommt, ließ der BGH weiterhin offen (so auch schon BGH, 17.04.2008, 5 StR 547/07).

  • Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall – neue 15jährige Verfolgungsverjährungsfrist

    Die Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung „richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind“ (§ 78 Abs. 4 StGB).

    Grundsatz: 5 Jahre 

    Da die „einfache“ Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft wird, beträgt die Verjährungsfrist somit 5 Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Das entspricht der Verjährungsfrist z. B. bei Diebstahl oder Betrug.

    Besonderheit: 15 Jahre

    Allerdings enthält § 376 Abs. 1 AO eine von § 78 Abs. 4 StGB abweichende Sonderregelung: Danach beträgt die Verjährungsfrist (nunmehr) 15 Jahre, wenn ein gesetzlich genannter Fall einer besonders schweren Steuerhinterziehung vorliegt (§§ 369 Abs. 2, 376 Abs. 1, 370 Abs. 3 S. 2 Nrn. 1 bis 6 AO), insbesondere im Fall einer Steuerverkürzung „in großem Ausmaß.“ Nach (geänderter) Rspr. des BGH liegt eine Steuerverkürzung „in großem Ausmaß“ vor bei einem Verkürzungsbetrag je Tat von mehr als 50.000 €.

    Praxis-Tipp

    Die 15jährige Verjährungsfrist wurde erst durch das Jahressteuergesetz 2020 m. W. v. 29.12.2020 in § 376 Abs. 1 AO eingefügt. Vorher galt eine 10jährige Verjährungsfrist. Die Neuregelung (15 Jahre) gilt für alle am 29.12.2020 noch nicht verjährten Taten.

  • „Steuerstrafrecht“ – Vortrag am 29.07.2021 in Leipzig

    Am 29.07.2021 hielt ich in Leipzig einen 8stündigen Vortrag zum Steuerstrafrecht. Der Vortrag war Teil des Fachanwaltslehrgangs Strafrecht bei ARBER|seminare.

    Siehe auch: Übersicht zu meinen Vorträgen und Skripten

  • „Ausgewählte aktuelle Probleme des Steuerstrafrechts“ – Vortrag am 15.06.2021 in Bochum

    Am 15.06.2021 hielt ich in Bochum einen 2,5stündigen Online-Vortrag mit dem Titel „Ausgewählte aktuelle Probleme des Steuerstrafrechts“ für das Deutsche Anwaltsinstitut (DAI). Der Vortrag war ein Online-Seminar für die Anwaltsfortbildung.

    Siehe auch: Übersicht zu meinen Vorträgen und Skripten

  • Steuerstrafrecht und Steuerstrafverteidigung – neues Skript

    Begleitend zu meinen Vorträgen zum Steuerstrafrecht und zur Haftung im Steuerrecht habe ich Skripten erstellt, die ich regelmäßig aktualisiere.

    Das Skript Steuerstrafrecht und Steuerstrafverteidigung hat jetzt den Stand Mai 2021. Eine kostenfreie Leseprobe ist hier abrufbar.

    Siehe auch: Skripten

    Wenn Sie das komplette Skript erwerben möchten (als PDF-Datei, 30,00 € inkl. USt), senden Sie mir bitte eine E-Mail an info@steueranwalt-leipzig.de.
  • „Das Mandat im Steuerstrafrecht“ – Online-Vortrag am 10.05.2021 in Berlin

    Am 10.05.2021 hielt ich in Berlin einen 5stündigen Online-Vortrag mit dem Titel „Das Mandat im Steuerstrafrecht“ für das Deutsche Anwaltsinstitut (DAI). Der Vortrag war ein Online-Seminar für die Anwaltsfortbildung.

    Siehe auch: Übersicht zu meinen Vorträgen und Skripten

  • Bandenmäßige Steuerhinterziehung – Ausweitung auf alle Steuerarten geplant

    § 370 Abs. 3 AO regelt besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung, wobei § 370 Abs. 3 S. 2 AO sechs benannte besonders schwere Fälle (Regelbeispiele) enthält, die Indizwirkung für das Vorliegen eines besonders schweren Falls haben:

    ■ Steuerverkürzung in großem Ausmaß (Nr. 1)

    ■ Missbrauch durch Amtsträger (Nr. 2)

    ■ Ausnutzen der Mithilfe eines Amtsträgers (Nr. 3)

    ■ fortgesetzte Steuerverkürzung mit gefälschten Belegen (Nr. 4)

    ■ Verkürzung von Umsatz- oder Verbrauchssteuern als Mitglied einer Bande (Nr. 5)

    ■ Nutzung einer Drittstaat-Gesellschaft (Nr. 6)

    Diese Indizwirkung (Vermutung) kann allerdings durch andere Strafzumessungsfaktoren wieder entkräftet werden. Die sechs benannten besonders schweren Fälle haben nicht nur Bedeutung für die Strafrahmenbestimmung und die Strafzumessung, sondern führen auch zu einer Verlängerung der Verfolgungsverjährungsfrist von 5 auf (neuerdings) 15 Jahre (§ 376 Abs. 1 AO).

    Vor dem Hintergrund fragwürdiger Cum-Ex-Geschäfte ist beabsichtigt, die bandenmäßige Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO) auf alle Arten von Steuern und Steuervorteilen auszuweiten (Entwurf eines Gesetzes zur umfassenden Verfolgung der organisierten Steuerhinterziehung, BT-Drs. 19/25819). Bisher war dies beschränkt auf Umsatz- und Verbrauchssteuern.

  • Verdeckte Gewinnausschüttungen? Steuerstrafverfahren gegen GmbH-Geschäftsführer im Zwischenverfahren eingestellt

    Verdeckte Gewinnausschüttungen durch fingierte Beraterverträge?

    Das Finanzamt warf meinem Mandanten (GmbH-Geschäftsführer) im Rahmen einer Betriebsprüfung vor, durch fingierte Beraterverträge Gelder aus der GmbH abgezogen und „steuerfrei“ privat vereinnahmt zu haben. Dadurch habe er über mehrere Jahre Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Einkommensteuer verkürzt. Der meinem Mandanten angelastete Steuerschaden betrug insgesamt ca. 223.000,00 €.

    Steuerstrafverfahren und Anklage

    In dem daraufhin eröffneten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren erhob die Steuerfahndung umfangreiche Beweise und vernahm 20 Zeugen, zum Teil aufgrund meiner Beweisanregungen. Mehrere Verteidigungsschriften meinerseits hatten im Ermittlungsverfahren noch keinen Erfolg. Die Steuerfahndung war vom Tatvorwurf fest überzeugt. Trotz erheblicher Zweifel am hinreichenden Tatverdacht klagte die Staatsanwaltschaft meinen Mandanten vor dem Amtsgericht (Schöffengericht) an. Die Anklageschrift umfasste 18 Seiten und 13 separate Anklagepunkte.

    Hauptbelastungszeuge verstorben

    Der Fall bot neben Fragen der Beweiswürdigung noch ein „interessantes“ prozessuales Problem: Der Hauptbelastungszeuge wurde durch den Ermittlungsrichter vernommen, verstarb jedoch während des Ermittlungsverfahrens. Bei der Vernehmung des Hauptbelastungszeugen wurden Anwesenheitsrechte der Verteidigung verletzt (entgegen § 168c StPO keine vorherige Mitteilung der beabsichtigten Zeugenvernehmung), was zu einem Verwertungsverbot der vom Ermittlungsrichter protokollierten Zeugenvernehmung geführt hätte.

    Verfahrenseinstellung im Zwischenverfahren

    Im Zwischenverfahren gelang es dann durch eine weitere (21seitige) Verteidigungsschrift und begleitende Telefonate, die Staatsanwaltschaft davon zu überzeugen, die Zustimmung zu einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage zu erteilen. Der Amtsrichter war mit einer Einstellung ebenfalls einverstanden. Mein Mandant zahlte 7.500,00 € Geldauflage an eine gemeinnützige Einrichtung und das Verfahren wurde ohne Verurteilung endgültig eingestellt.

  • BFH: Bloße Bezugnahme auf Steuerfahndungsbericht genügt nicht

    Einige steuerrechtliche Normen setzen voraus, dass eine Steuerhinterziehung begangen wurde.

    Beispielsweise beträgt die Festsetzungsverjährung im Grundsatz vier Jahre, jedoch zehn Jahre, soweit Steuern hinterzogen wurden (§ 169 Abs. 2 S. 1 und 2 AO). Wer eine Steuerhinterziehung begangen oder daran teilgenommen hat (Anstifter oder Gehilfe), haftet nach § 71 AO neben dem Steuerschuldner für die verkürzten Steuern. Und gemäß § 235 AO sind Zinsen auf hinterzogene Steuern zu entrichten.

    In der Praxis nimmt das Finanzamt (Veranlagung, Rechtsbehelfsstelle) zur „Arbeitserleichterung“ gern auf Berichte der Steuerfahndung Bezug und „spart“ sich eigene Ermittlungen dazu, ob tatsächlich eine Steuerhinterziehung vorliegt. Wenn sich dann auch noch das Finanzgericht in seinem Urteil ohne weitere Beweisaufnahme lediglich auf „die nachvollziehbaren Feststellungen und schlüssigen Beweiswürdigungen im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen“ stützt, dann enthält das Urteil keine Entscheidungsgründe i. S. v. § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO. Folge: Das Urteil leidet an einem Verfahrensmangel (§§ 115 Abs. 2 Nr. 3, 119 Nr. 6 FGO), so dass es in der Revision aufzuheben ist.

    BFH, 17.08.2020, II B 32/20