Ich habe bisher u. a. folgende Mandate bearbeitet:
- ca. 300 Mandate aus dem Bereich Steuerstreit,
- ca. 90 Mandate aus dem Bereich Steuerstrafverteidigung und
- ca. 25 Mandate aus dem Bereich Selbstanzeigeberatung.
(Stand: 11.08.2017)
Steueranwalt Leipzig | Steuerstreit und Steuerstrafverteidigung
Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit
Ich habe bisher u. a. folgende Mandate bearbeitet:
(Stand: 11.08.2017)
Der BFH hat mit Urteil vom 24.01.2017, Az. I R 81/15 zur Gewerbesteuerpflicht einer vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft vor ihrer Eintragung ins Handelsregister entschieden. Demnach unterliegt eine vermögensverwaltend tätige Kapitalgesellschaft schon vor ihrer Eintragung in das Handelsregister (so genannte Vorgesellschaft) der Gewerbesteuer, wenn sie schon in dem Zeitraum zwischen Gründung und Handelsregistereintragung vermögensverwaltende Tätigkeiten entfaltet, die über den Kreis bloßer Vorbereitungshandlungen hinausgehen.
Der BFH entschied mit Urteil vom 07.06.2017, Az. II R 22/15, dass Buchhalter im Sinne von § 6 Nr. 4 StBerG nicht zur geschäftsmäßigen Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt sind. Das ist vielmehr Steuerberatern und gleichgestellen steuerberatenden Berufen vorbehalten.
„Statistisch werden Kassenführungen bei 95 % der Unternehmer verworfen.“
Kamps, Stbg 2017, 201 mit Verweis auf Pump, StBp 2016, 131.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit Urteil vom 30.03.2017, VI R 43/15, grundlegend zur Steuererklärungspflicht gemäß §§ 25 Abs. 3 S. 1 EStG i. V. m. § 56 S. 2 EStG geäußert.
Danach ist eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wenn zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein verbleibender Verlustabzug festgestellt worden ist. In diesem Fall gelte die Anlaufhemmung aus § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO, was Einfluss auf den Beginn der Festsetzungsfrist hat. Der BFH hat dabei klar gestellt, dass die Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung nur für den unmittelbar auf den festgestellten Verlustabzug folgenden Veranlagungszeitraum gilt.
Auf diese Weise kann man ggf. bisher nicht geltend gemachte Verluste retten und das Finanzamt dazu zwingen, eine Einkommensteuerveranlagung für das der Verlustfeststellung folgende Jahr durchzuführen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied durch Urteil vom 27.04.2017, Az. 73607/13, dass ein Kontenabruf bei einem Strafverteidiger unzulässig war. Die Abfrage sei unverhältnismäßig gewesen. Die Staatsanwaltschaft, die gegen einen Mandanten des Strafverteidigers ermittelte, hegte auch einen Geldwäscheverdacht gegen den Strafverteidiger selbst.
Das Finanzgericht Münster entschied durch Urteil vom 29.03.2017, 7 K 3675/13 E,G,U, dass ein auf Microsoft Access basierendes elektronisches Kassensystem anfällig für Manipulationen ist. Das Finanzamt dürfe eine solche Kassenführung verwerfen und Umsätze zuschätzen.
► Finanzgericht Münster, Urteil vom 29.03.2017, 7 K 3675/13 E,G,U
Der Bundesfinanzhof (BFH) legte mit Urteil vom 25.01.2017, Az. II R 19/15, eine neue Entscheidung zum „einheitlichen Erwerbsgegenstand“ bzw. „einheitlichen Vertragswerk“ bei der Grunderwerbsteuer vor.
Wenn der Erwerber eines Grundstücks beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden sei, dann werde das erworbene Grundstück erst dann im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, wenn der Bauerrichtungsvertrag geschlossen wird. Der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags sei ein nachträgliches Ereignis, welches die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auf den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs dahingehend verändere, dass zu den Kosten des Grundstückserwerbs nunmehr auch die Baukosten hinzutreten.
Auch bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinns aus Eigenprostitution durch Einnahme-Überschussrechnung ist eine Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle erforderlich. Belege über die Betriebseinnahmen und -ausgaben sind aufzubewahren. Anderenfalls ist eine Schätzung zulässig. Die Führung eines Kassenbuchs ist dem gegenüber nicht erforderlich. Das entschied das Finanzgericht Hamburg mit Urteil vom 16.11.2016, Az. 2 K 110/15.
► Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 16.11.2016, Az. 2 K 110/15
Bei der Berechnung einer Steuerverkürzung im Sinne von § 370 Abs. 4 S. 1 AO taucht die Frage auf, ob Steuervorauszahlungen zu berücksichtigen (anzurechnen) sind oder ob diese dem so genannten Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 S. 3 AO) unterliegen und daher unberücksichtigt bleiben müssen.
Rechtsprechung existiert hierzu – wie es scheint – nicht. In der steuerstrafrechtlichen Literatur (Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 Rn. 527; Simon/Wagner, Steuerstrafrecht, S. 73) wird jedoch die Auffassung vertreten, dass für die Anrechnung von ESt-Vorauszahlungen gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG das Kompensationsverbot nicht eingreift, die Vorauszahlungen also bei der Verkürzungsberechnung zu berücksichtigen sind.
Gleiches dürfte dann aber auch für die KSt- und die GewSt-Vorauszahlungen gelten. Für die Anrechnung von KSt-Vorauszahlungen auf die KSt-Schuld verweist § 31 Abs. 1 S. 1 KStG auf § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Für die GewSt-Vorauszahlungen ist in § 20 Abs. 1 GewStG eine vergleichbare zwingende Anrechnung der GewSt-Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuerschuld vorgesehen.
Als Steuerstrafverteidiger erhält man Akteneinsicht im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Es gilt der Grundsatz der Aktenvollständigkeit: Alle Schriftstücke u. ä., aus denen sich schuldspruch- oder rechtsfolgenrelevante Umstände ergeben können, müssen zu den Akten genommen werden und dürfen der Akteneinsicht nicht vorenthalten werden (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, § 147 Rn. 14f.).
Im Steuerstrafverfahren, insbesondere wenn es mehrere Mitbeschuldigte gibt, erhält man als Verteidiger manchmal Akten und Beiakten, die teilweise geschwärzt oder abgedeckt sind. Begründet wird dies dann von der BuStra oder Staatsanwaltschaft mit dem Steuergeheimnis (§ 30 AO), das bei Drittbetroffenen (z. B. Mitbeschuldigten) zu beachten sei.
… sind unzulässig
Eine Schwärzung bzw. Abdeckung ganzer Seiten und auch einzelner Passagen der Ermittlungsakten unter Berufung auf das Steuergeheimnis ist jedoch unzulässig. Dem Verteidiger steht ein umfassendes Einsichtsrecht in alle Ermittlungsakten der BuStra bzw. Staatsanwaltschaft zu (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 147 Rn. 15 m. w. N.).
Steuergeheimnis gilt nicht
Das Steuergeheimnis aus § 30 AO steht dem nicht entgegen. Es gilt nicht absolut, sondern ist durch einen Katalog von Durchbrechungen gekennzeichnet (§ 30 Abs. 4 AO). Hier kommen insbesondere § 30 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 AO in Betracht. § 147 StPO (i. V. m. § 385 Abs. 1 AO) ist als „Gesetz“ im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO zu verstehen (Müller-Jacobsen/Peters, wistra 2009, 458; LG Frankfurt am Main v. 29.06.2005, 5/2 AR 3/2005). Zudem dient die Akteneinsicht auch zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Steuerstraftat i. S. v. § 30 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1b AO (Müller-Jacobsen/Peters, wistra 2009, 458).
Keine Besonderheiten bei mehreren Beschuldigten
Für einheitliche Verfahren gegen mehrere Beschuldigte gelten keine Besonderheiten, so dass, wenn die Kenntnis der die Mitbeschuldigten betreffenden Steuergeheimnisse zu Verteidigungszwecken erforderlich ist, Akteneinsicht auf jeden Fall auch in die den Mitbeschuldigten betreffenden Vorgänge gewährt werden muss (Burkhard, DStR 2002, 1794).
„Vorauswahl“ durch Ermittler unzulässig
Eine unter Ausschluss der Verteidigung des Beschuldigten vorgenommene Prüfung einzelner Aktenbestandteile darauf, ob sie schuldspruch- oder rechtsfolgenrelevant für den Beschuldigten sein könnten oder nicht, steht den Strafverfolgungsbehörden ihrer Aufgabe nach nicht zu.
Um der besonderen Bedeutung der Akteneinsicht für den effektiven Grundrechtsschutz des Beschuldigten Rechnung zu tragen, muss der Verteidiger vielmehr in die Lage versetzt werden, die Verteidigungsrelevanz einzelner Unterlagen selbständig und eigenverantwortlich zu überprüfen. Dies setzt einerseits voraus, dass er unbeschränkten Zugang zu den gesamten für das Verfahren gesammelten Unterlagen erhält und andererseits, dass jegliche inhaltliche Vorauswahl durch die Strafverfolgungsbehörden unterbleibt (Müller-Jacobsen/Peters, wistra 2009, 458 m. w. N.).
Effektive Verteidigung
Jede Schwärzung oder Abdeckung von Aktenbestandteilen bedeutet eine unvollständige Information und behindert die Verteidigung. Der Schutz von personenbezogenen Daten Dritter tritt insoweit hinter das Interesse des Verfolgten an einer effektiven Verteidigung und den rechtsstaatlichen Anforderungen an eines faires Verfahrens zurück. Dies gilt auch für das Gericht, dem die Akten ebenfalls vollständig, d. h. frei von Schwärzungen, zugänglich zu machen sind (Müller-Jacobsen/Peters, wistra 2009, 458 m. w. N.).
Fazit
Der Steuerstrafverteidiger sollte schon im Ermittlungsverfahren die Unvollständigkeit der Ermittlungsakten rügen und hinsichtlich der geschwärzten bzw. abgedeckten Aktenteile ergänzende Akteneinsicht beantragen.