Am 02.04.2014 nahm ich an einem Erfahrungsaustausch mit Anwaltskolleginnen und -kollegen zum Thema Selbstanzeigeberatung teil. Der Erfahrungsaustausch wurde vom Fachkreis Steuerrecht des Leipziger Anwaltvereins organisiert.
Tag: Finanzgericht
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Amtshaftung des Finanzamtes bei übereiltem AdV-Zinsbescheid
Bereits an anderer Stelle wies ich darauf hin, dass das Finanzamt gemäß § 237 AO in bestimmten Fällen so genannte AdV-Zinsen verlangen kann. Voraussetzung ist aber gemäß § 237 Abs. 1 S. 1 AO, dass
„ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid … oder gegen eine Einspruchsentscheidung … endgültig keinen Erfolg gehabt hat.“
„Endgültig keinen Erfolg“ in diesem Sinne hat der Steuerpflichtige im Normalfall dann, wenn er nach erfolglosem Abschluss des Einspruchsverfahrens keine Klage zum Finanzgericht erhebt (dann wird die Einspruchsentscheidung bestandskräftig) oder wenn das Finanzgericht die Klage abweist und das klageabweisende Urteil rechtskräftig wird. Die AdV-Zinsen sind vom Finanzamt durch Zinsbescheid festzusetzen (vgl. § 239 AO). Wie entstand daraus nun ein Amtshaftungsfall?
Finanzamt erlässt Zinsbescheid zu früh
Im Fall meiner Mandantin legte deren Steuerberater Einspruch gegen mehrere Einkommensteuerbescheide ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Die beantragte AdV wurde vom Finanzamt auch gewährt. Letztendlich wurde der Einspruch vom Finanzamt jedoch durch Einspruchsentscheidung zurück gewiesen.
Bereits wenige Tage nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist erließ das Finanzamt einen AdV-Zinsbescheid. Das war aber zu früh, denn ich hatte für meine Mandantin einige Tage vor Ablauf der Klagefrist Klage zum Finanzgericht erhoben. Der Einspruch meiner Mandantin hatte damit noch nicht „endgültig keinen Erfolg gehabt“ im Sinne von § 237 Abs. 1 S. 1 AO.
Gegen den Zinsbescheid legte ich für meine Mandantin daher Einspruch ein. Daraufhin hob das Finanzamt den Zinsbescheid vollständig auf. Für das – erfolgreiche – Einspruchsverfahren entstanden meiner Mandantin Kosten (Anwaltskosten).
Amtshaftungsanspruch
Da die Abgabenordnung für den Fall eines (erfolgreichen) Einspruchsverfahrens keinen Anspruch des Einspruchsführers gegen das Finanzamt auf Erstattung seiner Beraterkosten vorsieht, machte ich die Beraterkosten für das Einspruchsverfahren beim Finanzamt als Amtshaftungsanspruch geltend. Hinzu kamen noch die Anwaltskosten für das Amtshaftungsverfahren selbst, da der Amtshaftungsanspruch grundsätzlich auch die Kosten für die Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs (Rechtsverfolgungskosten) umfasst.
Gegenüber dem Finanzamt argumentierte ich, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Zinsbescheides nicht vorgelegen hätten. Allen Amtsträgern obliege die allgemeine Amtspflicht, sich bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben stets im Rahmen der Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften zu bewegen. Eine fehlerhafte Rechtsanwendung sei stets amtspflichtwidrig.
Auseinandersetzung mit dem Finanzamt
Das Finanzamt wies den Amtshaftungsanspruch zunächst zurück. Zwar hätten tatsächlich die Voraussetzungen für den Erlass des Zinsbescheides nicht vorgelegen. Die zuständige Bearbeiterin habe bei Erlass des Zinsbescheides jedoch nicht schuldhaft gehandelt. Vielmehr habe sie keinerlei Kenntnis von einer anhängigen Klage gehabt. Die Klage sei erst später zugestellt worden. Folglich habe sie zum Zeitpunkt der Bearbeitung des Bescheides davon ausgehen dürfen, dass die Einsprüche endgültig ohne Erfolg geblieben sind.
Darauf erwiderte ich, dass die zuständige Bearbeiterin zum Zeitpunkt der Bearbeitung des Zinsbescheides keineswegs davon ausgehen konnte und durfte, dass keine Klage erhoben wurde und die Einsprüche mithin endgültig ohne Erfolg geblieben sind. Da die Bearbeiterin schon am dritten Werktag nach Ablauf der Klagefrist den Zinsbescheid erstellt habe, habe sie auch eine erhöhte Amtspflicht dahingehend getroffen, aufzuklären, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Zinsbescheides zu diesem frühen Zeitpunkt tatsächlich (schon) vorlagen. Notfalls hätte die Bearbeiterin beim Finanzgericht nachfragen müssen, ob innerhalb der Klagefrist eine Klage dort eingegangen sei. Dazu habe umso mehr Anlass bestanden, als der Steuerberater meiner Mandantin im Einspruchsverfahren das Finanzamt schriftlich um das Ergehen einer Einspruchsentscheidung bat, „damit Klage vor dem Finanzgericht erhoben werden kann.“
Finanzamt lenkt ein
Nunmehr revidierte das Finanzamt seine ursprüngliche Auffassung und erstattete die geltend gemachten Anwaltskosten. Die Sache konnte somit außergerichtlich geklärt werden.
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Haftungsbescheid: Keine AdV-Zinsen
Achtung: Dieser Beitrag ist veraltet, vgl. stattdessen den Beitrag AdV-Zinsen jetzt auch bei Haftungsbescheiden.
Steuerbescheide haben keine aufschiebende Wirkung. Auch wenn Einspruch eingelegt wird, ist die streitige Steuersumme fällig. Es sei denn, man stellt mit Erfolg einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV). Steht später fest, dass Einspruch und Klage keinen Erfolg hatten, z. B. nach rechtskräftigem Abschluss des Finanzgerichtsverfahrens, dann kann das Finanzamt gemäß § 237 AO auf den ausgesetzten Steuerbetrag Zinsen verlangen (6 % pro Jahr; so genannte AdV-Zinsen).
Ganz anders bei Haftungsbescheiden: Wird die Vollziehung eines Haftungsbescheides ausgesetzt, entstehen keine Zinsen gemäß § 237 AO, egal wie das Verfahren ausgeht. Denn diese Vorschrift ist auf Haftungsschulden nicht anwendbar (BFH, Urt. v. 25.07.1989, VII R 39/86, BStBl II 1989, 821).
Das wird in der Praxis gern mal übersehen. So erhielt ich heute vom Finanzamt einen positiven AdV-Bescheid für einen Mandanten. Darin heißt es:
„… Die Vollziehung des Haftungsbescheides vom … wird … im vollen Umfang ausgesetzt.
…
Auf die Zinspflicht nach § 237 AO wird hingewiesen.“
Der Hinweis auf die Zinspflicht ist jedoch falsch, weil eine solche Zinspflicht bei Haftungsbescheiden nicht besteht.
Berater-Tipp: Gegen einen Haftungsbescheid kann man meist „bedenkenlos“ AdV beantragen, ohne das leidige Problem der AdV-Zinsen berücksichtigen zu müssen. Beantragt der Berater stattdessen Stundung, obwohl auch eine AdV in Betracht käme, produziert er einen Haftungsfall. Als Haftungsschaden kommen insbesondere die vom Finanzamt festgesetzten Stundungszinsen in Betracht. Bei einer Haftungssumme von ca. 600.000 € – wie im aktuellen Fall meines Mandanten – wären das 36.000 € pro Jahr.
Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht
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SächsFG: Sanierungserlass verfassungswidrig
Mit Urteilen vom 14.03.2013, Az. 5 K 1113/12, und vom 24.04.2013, Az. 1 K 759/12, halten der 5. und der 1. Senat das Sächsische Finanzgerichts den Sanierungserlass für verfassungswidrig, da der Gesetzgeber die Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne (§ 3 Nr. 66 EStG a. F.) abgeschafft habe. Ein Anspruch auf Erlass von auf Sanierungsgewinne entfallende Steuern bestehe daher nicht. Gegen das Urteil vom 24.04.2013 wurde Revision eingelegt (Az. des BFH: X R 23/13).
Zweifelnd auch der 4. Senat des SächsFG, Beschl. v. 20.01.2014, 4 V 1794/12: Dort wurde die Frage, ob der Sanierungserlass einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht
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Haftungsbescheid bei mittäterschaftlicher Steuerhinterziehung
Haftungsbescheide sind Ermessensentscheidungen. Bevor das Finanzamt einen Haftungsbescheid erlässt, muss es stets prüfen und begründen, ob es den Haftungsschuldner überhaupt in Anspruch nimmt (Entschließungsermessen). Bei mehreren in Betracht kommenden Haftungsschuldnern hat das Finanzamt ein Auswahlermessen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Ermessensentscheidung jedoch insbesondere im Fall der Haftungsinanspruchnahme wegen Steuerhinterziehung „vorgeprägt“, so dass das Finanzamt die Ermessensausübung nicht besonders begründen muss. Über die Rechtmäßigkeit eines solchen Haftungsbescheides hatte kürzlich das SächsFG zu entscheiden.
Aktueller Fall
Das Finanzamt nahm meinen Mandanten durch Haftungsbescheid wegen Steuerhinterziehung (§ 71 AO) in Anspruch. Als Geschäftsführer einer GmbH habe er Scheinrechnungen gegenüber einem Dritten erstellt. Die aufgrund der Scheinrechnungen geschuldete Umsatzsteuer der GmbH sei nicht erklärt und abgeführt worden. Zugleich habe er es dem Dritten ermöglicht, zu Unrecht Vorsteuer zu ziehen. Insoweit liege eine mittäterschaftliche Steuerhinterziehung vor. Den Dritten – der noch dazu sämtliche Vorteile aus der Steuerstraftat erlangte (unberechtigte Vorsteuervergütung) – nahm das Finanzamt allerdings nicht in Anspruch.
Entscheidung des SächsFG
Das SächsFG (Urt. v. 19.11.2013, Az. 3 K 73/06, rechtskräftig) hob den Haftungsbescheid wegen fehlerhafter Ermessensausübung auf.
In der Urteilsbegründung heißt es:
… Zur Überprüfung der Ermessensbetätigung durch das Gericht bedarf die Ermessensentscheidung grundsätzlich der Begründung. Im Regelfall ist daher eine nicht begründete Ermessensentscheidung fehlerhaft und rechtswidrig. Jedoch vertritt der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat das Ermessen der Finanzbehörde in der Weise vorgeprägt ist, dass die Abgaben gegen den Steuerstraftäter festzusetzen sind und dass es einer besonderen Begründung dieser Ermessensausübung nicht bedarf (Urteil des BFH vom 26.09.2012 VIIR 3/11, BFH/NV 2013,337).
… Der erkennende Senat folgt der Auffassung des BFH für den Fall, dass aus den Akten und Unterlagen – auch für den als Haftungsschuldner Herangezogenen – erkennbar ist, dass die Finanzbehörde alle an der Steuerstraftat Beteiligten in Anspruch genommen hat. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Finanzbehörde gar nicht erkennt, dass eine Entschließungs- und Auswahlermessensentscheidung bezogen auf weitere in Betracht kommende Haftungsschuldner von ihr zu treffen war. Eine solche Ermessensentscheidung ist nach Überzeugung des Senats auch dann zu treffen, wenn mehrere Steuerhinterzieher – zumal bei mittäterschaftlicher Tatbegehung – als Haftungsschuldner in Betracht kommen. Es besteht in derartigen Fällen gleichrangigen Haftungsgrundes keine Veranlassung, die Finanzbehörde von ihrer grundsätzlich immer gegebenen Verpflichtung zur Ermessensbetätigung freizustellen. Wird in einem solchen Fall gar kein Ermessen ausgeübt liegt ein Ermessensfehlgebrauch in Form einer sogenannten Ermessensunterschreitung vor (Klein/Gersch, Kommentar zur Abgabenordnung, 11. Auflage, § 5 Rz. 8), der zwingend zur Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides führt.
… Da der Beklagte offensichtlich davon ausgegangen ist, dass weitere Haftungsschuldner nach § 71 AO nicht heranzuziehen waren, hat er sein insoweit bestehendes Auswahlermessen verkannt und mithin fehlerhaft davon keinen Gebrauch gemacht.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass bei mehreren Haftungsschuldnern nach § 71 AO, die nicht alle in Anspruch genommen werden, das Auswahlermessen prinzipiell einer gesonderten Begründung bedarf. Es müssen für den Haftenden in einem solchen Fall die Gründe erkennbar sein, warum nur er und nicht auch der oder die anderen an der Tat Beteiligten herangezogen werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass bei einem Haftungstatbestand nach § 71 AO die Gesamtschuldnerschaft (§ 426 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-), die es dem einzelnen Teilnehmer der Tat bei Zahlung der Abgaben ermöglicht, einen Ausgleich von den weiteren Beteiligten zu erhalten, erst durch entsprechende Haftungsbescheide begründet, jedenfalls aber erleichtert wird. …
Fazit: Auch bei einem Haftungsbescheid wegen Steuerhinterziehung kann sich der Streit um die Frage lohnen, ob das Finanzamt das im zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat.
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Finanzgerichtsverfahren: Mindeststreitwert jetzt 1.500 €
Im finanzgerichtlichen Verfahren beträgt der Mindeststreitwert nicht mehr wie bisher 1.000 €, sondern 1.500 €. Per 01.08.2013 lautet § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG:
(4) In Verfahren
1. vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
…
angenommen werden.
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Öffentlich zugestellter Haftungsbescheid nichtig
Bereits an anderer Stelle berichtete ich über die Tücken der öffentlichen Zustellung. Diesmal zog allerdings das Finanzamt den Kürzeren.
Ausgangspunkt: Kontenpfändung
Der Fall: Ende 2011 pfändete das Finanzamt das Konto meines Mandanten. Grundlage der Pfändung sollte laut Finanzamt ein Haftungsbescheid aus dem Jahr 2007 sein. Ein solcher Haftungsbescheid war meinem Mandanten jedoch nicht bekannt. Im weiteren Verfahren stellte sich dann heraus, dass das Finanzamt den Haftungsbescheid öffentlich zugestellt hatte. Kein Wunder also, dass mein Mandant hiervon nichts wusste. Wer liest schon die Aushänge im Finanzamt?
Haftungsbescheid öffentlich zugestellt
Daraufhin legte ich für meinen Mandanten Einspruch ein und beantragte u. a. festzustellen, dass der Haftungsbescheid aus dem Jahr 2007 mangels wirksamer Bekanntgabe nichtig sei. In der Folgezeit entbrannte mit dem Finanzamt ein zäher Streit darüber, ob die öffentliche Zustellung zulässig war oder nicht. Nach meiner Auffassung hatte das Finanzamt seine Ermittlungspflichten verletzt und hätte deshalb nicht öffentlich zustellen dürfen.
Erfolg (erst) vor dem Finanzgericht
Da das Finanzamt außergerichtlich nicht einlenkte, war schließlich der Gang zum Sächsischen Finanzgericht (SächsFG) erforderlich. Dort stellte ich einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, nachdem das Finanzamt einen solchen abgelehnt hatte. Im laufenden Verfahren ruderte das Finanzamt zurück und erließ einen Bescheid, wonach der Haftungsbescheid aus 2007 nichtig ist.
Damit erledigte sich der Rechtsstreit und das SächsFG sprach aus, dass das Finanzamt die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (Beschluss vom 21.01.2013, Az. 8 V 1411/12). Ein neuer Haftungsbescheid konnte übrigens nicht erlassen werden, da mittlerweile Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
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Streitwertkatalog für die Finanzgerichtsbarkeit
Für die Bestimmung des Gegenstands- bzw. Streitwertes eines finanzgerichtlichen Verfahrens ist ein Blick in den Streitwertkatalog für die Finanzgerichtsbarkeit unverzichtbar.
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BVerfG zur überlangen Verfahrensdauer in Altfällen
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 13. August 2012, 1 BvR 1098/11, eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen die überlange Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens richtete, nicht zur Entscheidung angenommen.
Überlange Verfahrensdauer ja, aber …
Zwar sei im Streifall die Untätigkeit des Sozialgerichts über einen Zeitraum von 30 Monaten mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar und die Verfahrensdauer nicht mehr angemessen gewesen. (mehr …)
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Niemals ohne Akteneinsicht prozessieren
Gegenüber dem Finanzamt gibt es grundsätzlich kein Recht auf Akteneinsicht. Die Akten des Finanzamtes sieht man meist zum ersten Mal im Verfahren vor dem Finanzgericht. Dort müssen die Akten des Streitfalls auf den Tisch und der Kläger bzw. sein Berater hat ein Einsichtsrecht (§ 78 FGO).
Die Akten sollten auf jeden Fall eingesehen werden. Auch wenn man als Berater schon eine Weile im Geschäft ist, staunt man immer wieder, was aus den Akten des Finanzamtes alles zum Vorschein kommen kann. Aktenvermerke, Stellungnahmen oder Telefonnotizen etwa, die günstig für den Mandanten, aber ungünstig für das Finanzamt sind. Aufgabe des Beraters ist es, die Akten akribisch u. a. nach solchen Dokumenten zu durchforsten, da diese vom Finanzamt hin und wieder „unterschlagen“ oder zu dessen Vorteil uminterpretiert werden.
Auch aus einem weiteren Grund ist die Akteneinsicht zwingend. Verwertet nämlich des Finanzgericht Dokumente, die sich in den Akten befinden, so kann man sich im Allgemeinen nicht auf eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör berufen, wenn man die Akten nicht eingesehen hat (Tipke/Kruse, AO/FGO, § 78 FGO Tz. 2 m. w. N. zur BFH-Rechtsprechung).
Fazit: Niemals ohne Akteneinsicht vor dem Finanzgericht prozessieren!
Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht