Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Category: Rechtsprechung

  • Bekanntgabe von Steuerbescheiden bei Übermittlung durch private Postdienstleister

    Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt

    „ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, … als bekannt gegeben
    1. bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,

    außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.“

    Der BFH (14.06.2018, III R 27/17) entschied, dass die „Post“ i. S. v. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO auch private Postdienstleister erfasst. Damit gilt auch hier die 3-Tages-Frist.

    Insbesondere bei der Einschaltung von privaten Postdienstleistern, die ihrerseits weitere Subunternehmer beauftragen, um bundesweit zustellen zu können, sind aber ggf. längere Postlaufzeiten zu möglich. In diesen Fällen müsse – so der BFH – die Finanzbehörde oder das Finanzgericht prüfen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des Bescheides innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann.

    Praxis-Tipp

    Die Entscheidung wirkt sich auch im Steuerstrafrecht aus, insbesondere bei der Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Steuerhinterziehung: Bei Veranlagungssteuern (insb. ESt, KSt, GewSt) und aktivem Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) tritt die Steuerverkürzung (Tatvollendung) mit Bekanntgabe des unrichtigen Steuerbescheides ein. Mit der Bekanntgabe des Bescheides (= Tatbeendigung) beginnt auch die Verfolgungsverjährung.

    Die „3-Tages-Frist“ des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt in diesen Fällen auch für die Bestimmung des Zeitpunktes der Tatvollendung und der Tatbeendigung, auch wenn der Bescheid tatsächlich früher zugegangen ist (BGH, 07.08.2014, 1 StR 198/14; Jäger in Klein, AO, § 370 Rn. 90a).

  • Kompensationsverbot: BGH wirft ständige Rechtsprechung bei Umsatzsteuerhinterziehung über Bord

    Der Tatbestand der Steuerhinterziehung setzt eine Steuerverkürzung voraus. Gemäß § 370 Abs. 4 S. 3 AO liegt eine Steuerverkürzung auch dann vor,

    „wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt … werden können.“

    Diese Vorschrift wird Kompensationsverbot genannt. Bei der strafrechtlichen Berechnung des Steuerverkürzungsbetrags soll keine „Kompensierung“ (Verrechnung) mit „Steuerermäßigungen“ möglich sein. Zweck dieser Vorschrift ist eine „Arbeitserleichterung“ für den Strafrichter. Der Strafrichter soll nicht den gesamten Steuerfall wie ein Finanzbeamter neu „aufrollen“ müssen.

    Beispiel: Kompensationsverbot

    Sachverhalt: Der Stpfl hat es mit der Kilometeranzahl bei der Entfernungspauschale „nicht so genau genommen“ und in seiner ESt-Erklärung dadurch zu hohe Werbungskosten erklärt. Dadurch ist eine Steuerverkürzung i. H. v. 1.000 € eingetreten. Zugleich hat er vergessen, außergewöhnliche Belastungen (Krankheitskosten) geltend zu machen, deren steuerliche Auswirkung ebenfalls 1.000 € beträgt. Die steuerliche Auswirkung bei einer „Gesamtbetrachtung“ beträgt daher 0 €. Aber auch strafrechtlich ein „Nullsummenspiel“?

    Lösung: Strafrechtlich ist das kein „Nullsummenspiel.“ Für die Berechnung des Verkürzungsbetrags sind die außergewöhnlichen Belastungen auszublenden, weil sie dem Kompensationsverbot unterliegen (§ 370 Abs. 4 S. 3 AO). Es bleibt also bei einer Steuerverkürzung i. H. v. 1.000 €.

    Hinweis: Im Besteuerungsverfahren sind die außergewöhnlichen Belastungen dagegen anzuerkennen.

    Der „Klassiker“ zum Kompensationsverbot mit großer Praxis-Bedeutung sind USt-Fälle. Nach bisheriger ständiger BGH-Rspr. darf die USt auf bisher nicht oder zu niedrig erklärte Umsätze nicht mit der bisher nicht geltend gemachten Vorsteuer verrechnet werden.

    Beispiel: Kompensationsverbot bei der USt

    Sachverhalt: B betreibt einen Bratwurststand. Gelegentlich kauft B nach einem ausgeklügelten (aber praxisuntauglichen) System rohe Bratwürste, Senf und Ketchup „schwarz“ ein und verkauft die gleiche Anzahl Bratwürste sodann „schwarz“ vom Grill. Die Sache fliegt auf, weil der Betriebsprüfer anhand des ungewöhnlich hohen Serviettenverbrauchs nachkalkuliert, dass B tatsächlich viel mehr Bratwürste verkauft haben muss. Im Steuerstrafverfahren (wegen Hinterziehung von ESt, USt und GewSt) verteidigt sich B damit, zumindest die bisher nicht geltend gemachten Vorsteuern aus den „Schwarzeinkäufen“ (rohe Bratwürste, Senf, Ketchup) seien doch bei der Berechnung der USt-Verkürzung zu berücksichtigen. Mit Erfolg?

    Lösung: B wird mit seinem „Vorsteuer-Einwand“ hinsichtlich der USt-Hinterziehung nicht gehört. Die Vorsteuern aus den „Schwarzeinkäufen“ (rohe Bratwürste, Senf, Ketchup) unterliegen dem Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 S. 3 AO und reduzieren nicht den Verkürzungsbetrag.

    Hinweis: Im Besteuerungsverfahren wäre der Vorsteuerabzug dagegen anzuerkennen, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen. Das setzt aber insb. ordnungsgemäße Eingangsrechnungen voraus, die in solchen Fällen normalerweise nicht vorliegen.

    Der Ausgleich „unbilliger Ergebnisse“ des Kompensationsverbots erfolgt dann im Rahmen der Strafzumessung. Insb. ein bisher nicht geltend gemachter Vorsteuerabzug wirkt strafmildernd. Notfalls ist auch eine Schätzung der Vorsteuerbeträge möglich.

    Achtung!

    In einer Entscheidung vom 13.09.2018, 1 StR 642/17, gibt der BGH diese Rspr. teilweise auf. Vorsteuern können nunmehr bei der Ermittlung des Verkürzungsumfangs mindernd angesetzt werden, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsumsatz besteht und für die Eingangsumsätze ordnungsgemäße (Eingangs-)Rechnungen vorliegen. Insoweit gilt das Kompensationsverbot also nicht (mehr).

    Einer DER „Knaller“ 2018 und sehr vorteilhaft für die Verteidigung!

    Im obigen „Bratwurstfall“ sind daher nach geänderter Rspr. die Vorsteuern aus den „Schwarzeinkäufen“ (rohe Bratwürste, Senf, Ketchup) bei der Ermittlung des Verkürzungsbetrags abzuziehen, wenn insoweit ordnungsgemäße Eingangsrechnungen vorliegen. Liegen Eingangsrechnungen nicht vor, gilt wie bisher das Kompensationsverbot mit der Folge einer bloßen Berücksichtigung bei der Strafzumessung.
  • (Keine) Tateinheit mehr bei gleichzeitiger Abgabe unrichtiger Steuererklärungen – BGH ändert Rechtsprechung

    Die Abgabe jeder einzelnen unrichtigen Steuererklärung ist grundsätzlich als selbständige Tat i. S. v. § 53 StGB (Tatmehrheit) zu werten. Von Tatmehrheit ist also auszugehen, wenn die abgegebenen Steuererklärungen verschiedene Steuerarten, verschiedene Besteuerungszeiträume oder verschiedene Steuerpflichtige betreffen. Das entspricht ständiger Rspr. des BGH.

    Nach bisheriger Rspr. liegt aber ausnahmsweise Tateinheit vor, wenn die Hinterziehungen durch dieselbe Erklärung bewirkt werden oder wenn mehrere Steuererklärungen durch eine körperliche Handlung gleichzeitig abgegeben werden. Entscheidend ist, dass die Abgabe der Steuererklärungen im äußeren Vorgang zusammenfällt und überdies in den Erklärungen übereinstimmende unrichtige Angaben über die Besteuerungsgrundlagen enthalten sind. Solche übereinstimmenden unrichtigen Angaben liegen häufig im Verhältnis von ESt-, GewSt- und USt-Jahreserklärung oder im Verhältnis von KSt-, GewSt- und USt-Jahreserklärung vor (so zuletzt BGH, 24.05.2017, 1 StR 418/16 m. w. N.).

    Mit Beschluss vom 22.01.2018, 1 StR 535/17 (veröffentlicht erst am 01.10.2018) hat der BGH seine Rspr. zur Tateinheit bei „gleichzeitigen Abgabe“ unrichtiger Steuererklärungen jedoch ausdrücklich aufgegeben. In solchen Fällen liegt jetzt Tatmehrheit vor.

    Die neue Rspr. wirkt sich insbesondere bei der Strafrahmenwahl bzw. der Strafzumessung aus. Bei einer Steuerverkürzung „im großen Ausmaß“ i. S. v. § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO (mehr als 50.000 € Steuerverkürzung pro Tat im materiellen Sinn) sind tateinheitliche Steuerverkürzungen zusammenzurechnen, tatmehrheitliche aber nicht. Das kann ganz erhebliche Unterschiede bei der Strafzumessung ausmachen.

    Beispiel: Addition der Verkürzungsbeträge?

    Sachverhalt: Der Steuerpflichtige (Freiberufler) hat am 20.05. im gleichen Briefumschlag seine ESt- und auch seine USt-Jahreserklärung an das FA übermittelt und darin Einnahmen/Umsätze verschwiegen. Die Steuerverkürzung soll 35.000 € bei der ESt und 20.000 € bei der USt betragen. Maßgeblicher Verkürzungsbetrag für die Strafrahmenwahl bzw. Strafzumessung?

    Lösung (bisherige Rspr.): Die ESt- und USt-Verkürzungen liegen je für sich betrachtet unter 50.000 €. Aufgrund Tateinheit sind aber die Verkürzungsbeträge zu addieren (55.000 €). Damit besteht die Indizwirkung für eine Steuerverkürzung „im großen Ausmaß“ (§ 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO). Strafrahmen: Sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.

    Lösung (neue Rspr.): ESt- und USt-Hinterziehung stehen im Konkurrenzverhältnis der Tatmehrheit zueinander. Damit sind die Verkürzungsbeträge nicht (mehr) zu addieren. Daher kein „großes Ausmaß“, sondern nur „einfache“ Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO). Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.

  • Scheinrechnungen: Umsatzsteuer gemäß § 14c Abs. 2 UStG keine Betriebsausgabe

    Umsatzsteuer, die gemäß § 14c Abs. 2 UStG geschuldet wird (so genannter unberechtigter Steuerausweis), kann nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden. Zumindest dann nicht, wenn es sich dabei um Scheinrechnungen handelt, entschied das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 20.07.2018, Az. 4 K 333/16 E.

    Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde nicht zugelassen. Allerdings hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (Aktenzeichen des BFH: X B 116/18).

  • Strafverteitelung durch Strafverteidiger

    Ein Verteidiger ist gemäß § 138a Abs. 1 Nr. 3 StPO von der Mitwirkung als Verteidiger auszuschließen, wenn er zugunsten seines Mandanten eine Strafvereitelung begangen hat.

    Vereitelt ein Strafverteidiger die Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen, für die kein Beschlagnahmeverbot besteht, indem er absichtlich oder wissentlich falsche Angaben zu seinem Besitz an diesen macht, überschreitet er die Grenzen zulässiger Verteidigung. Ein solches Verhalten erfüllt den Tatbestand der Strafvereitelung, wenn dadurch das Strafverfahren gegen den Mandanten zumindest für geraume Zeit verzögert wird. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 08.08.2018, Az. 2 ARs 121/18.

    Im konkreten Fall war der Mandant des Verteidigers wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Es fanden mehrere Beschlagnahmen von Buchführungsunterlagen des Mandanten statt.

    „Der Beschwerdeführer erklärte danach, dass er über keine weiteren Beweismittel verfüge. Diese Angabe war unzutreffend, denn tatsächlich hatte er zwei Stehordner mit Buchführungsunterlagen, darunter einen Ordner mit der Aufschrift „Rech. H. 2004-2010“, der Karteikarten über Buchungen, Lieferscheine und Rechnungen … im Original enthielt.“

  • Privatnutzung betrieblicher KFZ: Anscheinsbeweis erschüttert

    Über die Privatnutzung betrieblicher PKW wird häufig gestritten. Das Finanzgericht Münster, Urt. v. 21.03.2018, 7 K 388/17 G, U, F, geht – wie der Bundesfinanzhof (BFH) – davon aus, dass ein Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass ein betriebliches KFZ, das zum privaten Gebrauch geeignet und zur Verfügung steht, auch privat genutzt wird. Grundsätzlich entspreche das der allgemeinen Lebenserfahrung.

    Ausnahmsweise könne dieser Anscheinsbeweis erschüttert werden. Hierzu sei zwar nicht der Vollbeweis des Gegenteils erforderlich. Der Steuerpflichtige müsse also nicht beweisen, dass eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Allerdings sei für eine Erschütterung erforderlich, aber auch ausreichend, dass von dem Steuerpflichtigen ein Sachverhalt dargelegt – und im Zweifelsfall nachgewiesen – werde, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt (Verweis auf BFH-Rechtsprechung).

    Haben demnach – wie im Streitfall – Gesellschafter einer Personengesellschaft im Privatvermögen weitere gleichwertige Fahrzeuge, sei der Anscheinsbeweis, dass die betrieblichen Fahrzeuge auch privat genutzt werden, erschüttert. Denn bei einer Vergleichbarkeit der Fahrzeuge sei keine nachvollziehbare Veranlassung ersichtlich, für private Fahrten das betriebliche Fahrzeug zu nutzen. Die Gleichwertigkeit der Fahrzeuge ergebe sich aus ihrem Status und Gebrauchswert.

    Fazit: Wenn der Anscheinsbeweis vom Steuerpflichtigen (Kläger) erschüttert wird, dann ist der „Ball“ wieder beim Finanzamt. Dann muss das Finanzamt nachweisen, dass doch eine Privatnutzung stattfand. Das gelang dem beklagten Finanzamt im Fall des FG Münster nicht.

  • Bankdaten-CD und Hartz IV

    Auch die Sozialrechtler werden zunehmend mit Daten-CDs (Bankdaten) konfrontiert. Im Fall des LSG Niedersachsen-Bremen, 14.03.2018, L 13 AS 77/15, hatte jemand „Hartz IV“ bezogen, obwohl er auf einem Schweizer Bankkonto beträchtliche Summen liegen hatte. Nach Ankauf einer Bankdaten-CD durch das Land Rheinland-Pfalz wurde das Konto bekannt und das Jobcenter forderte die Leistungen zurück. Zu Recht, so das LSG. Solche Bankdaten-CDs seien auch im sozialgerichtlichen Verfahren verwertbar.

  • Nach strafrechtlicher Verurteilung eines Steuerberaters grundsätzlich keine zusätzliche berufsrechtliche Ahndung

    Gegen einen Steuerberater, der strafrechtlich verurteilt wurde, ist eine zusätzliche berufsrechtliche Ahndung wegen der gleichen Tat nur ausnahmsweise zulässig (OLG Celle, Urteil vom 06.02.2017, Az. 1 StO 1/16). Das ergibt sich aus § 92 StBerG.

  • Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht: Zwischen GmbH und Geschäftsführer unterscheiden

    Entbindet der Insolvenzverwalter den (ehemaligen) Steuerberater einer GmbH von seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht, so wirkt diese Entbindung nicht zugleich auch für die formellen oder faktischen Geschäftsführer der GmbH, wenn diese ebenfalls Mandanten des Steuerberaters waren. Das entschied das OLG Zweibrücken (Beschluss vom 08.12.2016, Aktenzeichen: 1 Ws 334/16) auf die Beschwerde eines Steuerberaters.

    Der Steuerberater war in einem Steuerstrafverfahren gegen den formuellen und den faktischen Geschäftsführer einer GmbH als Zeuge geladen und durch den Insolvenzverwalter der GmbH von seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht entbunden worden. Eine direkte Entbindung durch den formellen oder den faktischen Geschäftsführer lag jedoch nicht vor. Gleichwohl sollte der Steuerberater als Zeuge vernommen werden. Die Vorinstanz (LG) ordnete gegen den Steuerberater, der sich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berief, ein Ordnungsgeld und Erzwingungshaft an. Das LG war der Auffassung, dass die Entbindung durch den Insolvenzverwalter genüge. Zu Unrecht, wie das OLG entschied.

  • Zuschätzung bei GmbH nicht automatisch verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter

    In einem Verfahren vor dem Finanzgericht auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) war u. a. die Frage streitig, ob eine Zuschätzung bei einer GmbH zugleich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) beim Gesellschafter führt.

    Betriebsprüfung bei GmbH: 15%iger Sicherheitszuschlag

    Nach einer Betriebsprüfung bei der GmbH war das Finanzamt der Meinung, dass die Buchführung der GmbH nicht ordnungsgemäß sei. Es liege (angeblich) ein Verstoß gegen die Einzelaufzeichnungspflicht vor. Deshalb schätzte der Prüfer pauschal („griffweise“) 15 % der erklärten Einnahmen bei der GmbH hinzu.

    Streitpunkt: vGA beim Gesellschafter?

    Neben Änderungsbescheiden für die GmbH erließ das Finanzamt auch Änderungsbescheide zu den Einkommensteuerbescheiden des GmbH-Gesellschafters (= mein Mandant). Darin setzte das Finanzamt – in Höhe der Zuschätzung bei der GmbH – beim Gesellschafter vGA an. Einspruch und AdV-Antrag vor dem Finanzamt waren erfolglos.

    Finanzgericht gewährt AdV

    Ich erhob für meinen Mandanten Klage zum Sächsischen Finanzgericht und beantragte dort auch AdV. Das Gericht bestätigte im AdV-Verfahren meine Auffassung, dass die bloße Zuschätzung des Sicherheitszuschlags bei der GmbH nicht ohne weiteres zu einer vGA beim Gesellschafter führen könne (SächsFG, 02.11.2017, Az. 5 V 1515/17). Insoweit setzte das Gericht die Vollziehung der angefochtenen Bescheide bis zum Abschluss des Klageverfahrens aus.

    Ausgang des Klageverfahrens

    Im Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) des Gesellschafters gab dann das Finanzamt nach und half auf Basis des AdV-Beschlusses ab. D. h., der Sicherheitszuschlag bei der GmbH führte im Ergebnis tatsächlich nicht zu einer vGA beim Gesellschafter. Das Klageverfahren wurde für erledigt erklärt.

    Hinweis: Der AdV-Beschluss ist (wohl) nicht veröffentlicht. Es besteht die Möglichkeit, beim Sächsischen Finanzgericht unter Angabe des Aktenzeichens eine anonymisierte Version abzufordern.

  • Elektronische Steuererklärung: Unzumutbarkeit bei Kleinstbetrieben

    Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschied mit Urteil vom 12.10.2016, Az. 2 K 2352/15, dass die Abgabe von Steuererklärungen in elektronischer Form bei Kleinstbetrieben unzumutbar sein kann.

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.10.2016, Az. 2 K 2352/15

  • EGMR: Kontenabruf bei Strafverteidiger unzulässig

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied durch Urteil vom 27.04.2017, Az. 73607/13, dass ein Kontenabruf bei einem Strafverteidiger unzulässig war. Die Abfrage sei unverhältnismäßig gewesen. Die Staatsanwaltschaft, die gegen einen Mandanten des Strafverteidigers ermittelte, hegte auch einen Geldwäscheverdacht gegen den Strafverteidiger selbst.