Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Category: Einstellung des Verfahrens

  • Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung in Einstellung gegen Geldauflage „umgewandelt“

    Ich verteidigte einen Mandanten in einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren, dem von der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) des Finanzamtes Hinterziehung von Einkommensteuer vorgeworfen wurde. Er habe den Zufluss einer betrieblichen Altersversorgung nicht in seiner Steuererklärung angegeben, wodurch ca. 19.000 € Einkommensteuer verkürzt worden sei.

    Die BuStra bot an, das Ermittlungsverfahren gegen eine Geldauflage i. H. v. 8.500 € einzustellen. Das schien mir zu hoch und daher bot ich für meinen Mandanten zunächst 4.750,00 €, später 6.000 € an. Die BuStra ließ nicht mit sich reden, sondern beantragte einen Strafbefehl, der auch erlassen wurde. Nach Einspruch gegen den Strafbefehl wurde ein Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht Chemnitz angesetzt.

    Nach Kontaktaufnahme zur Staatsanwaltschaft gelang es, nochmals über eine Einstellung gegen Geldauflage ins Gespräch zu kommen. Letztendlich einigte man sich auf Zahlung von 7.000 €. Der Hauptverhandlungstermin wurde wieder aufgehoben und nach Zahlung der Geldauflage wurde das Verfahren endgültig eingestellt.

    Praxis-Tipp

    Die BuStra darf zwar selbst einen Strafbefehl beantragen. Wird jedoch Einspruch dagegen eingelegt, dann wird die Staatsanwaltschaft zuständig und die BuStra hat „nichts mehr zu sagen“ (§§ 406, 407 der Abgabenordnung). Das wird in der Praxis hin und wieder übersehen.

    Wenn man sich also mit der BuStra im Ermittlungsverfahren nicht auf eine Geldauflage einigen konnte, dann gelingt es vielleicht im weiteren Verfahren mit der Staatsanwaltschaft.

  • Einstellung gemäß § 154 StPO schlägt strafbefreiende Selbstanzeige

    Eine „Praktikerlösung“, mit der man im Rahmen der Steuerstrafverteidigung immer wieder rechnen muss: Weil Gericht und/oder Staatsanwaltschaft (teilweise) „keine Lust“ haben, Beweis zu erheben oder über knifflige Rechtsfragen nachzudenken, kann das Gericht bei mehreren angeklagten Taten auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren vorläufig (teilweise) einstellen (§ 154 Abs. 1, Abs. 2 StPO).

    USt-Voranmeldungen – Teilselbstanzeige möglich

    Aktueller Beispielsfall: Vor dem Amtsgericht verteidigte ich nach Einspruch gegen einen Strafbefehl einen Rechtsanwalt, dem die verspätete Abgabe der USt-Jahreserklärung 2018 und die verspätete Abgabe von fünf USt-Voranmeldungen für 2019 in eigener Sache vorgeworfen wurde.

    Bei den verspäteten USt-Voranmeldung argumentierte ich, dass insoweit strafbefreiende Selbstanzeigen gemäß § 371 Abs. 2a AO vorlagen. Diese Vorschrift, die das Vollständigkeitsgebot des § 371 Abs. 1 AO durchbricht, wurde von der Staatsanwaltschaft und der BuStra bei Beantragung des Strafbefehls übersehen.

    Streitig war sodann, ob bei Abgabe der Selbstanzeigen bereits der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a AO vorlag, weil eine Umsatzsteuersonderprüfung angeordnet wurde. Problematisch war hier die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung. Hierzu bot ich u. a. Zeugenbeweis an.

    Staatsanwaltschaft: „Praktikerlösung“

    Auf meine Begründung des Einspruchs erwiderte die Staatsanwaltschaft immerhin:

    „Hinsichtlich des weiteren Schriftsatzes des Verteidigers verfängt allenfalls der Hinweis auf die strafbefreiende Selbstanzeige …

    Aber:

    Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der marginalen Höhe des Steuerschadens hinsichtlich der Voranmeldungen auch eine Einstellung gemäß § 154 StPO in Betracht käme …“

    So geschah es dann auch in der Hauptverhandlung: Bezogen auf die USt-Voranmeldungen wurde das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt.

    Übrig blieb der Vorwurf der verspäteten Abgabe der USt-Jahreserklärung. Insoweit wurde der Einspruch zurück genommen. Realistischerweise war in diesem Punkt kein besseres Ergebnis zu erreichen.

    Praxis-Tipp

    Gegen eine Einstellung nach § 154 StPO haben der Beschuldigte/Angeklagte oder die Verteidigung kein Rechtsmittel. Anders als bei § 153a StPO ist die Einstellung nicht von der Zustimmung des Beschuldigen/Angeklagten abhängig.
  • Zitat der Woche: „2019 ist lange her“

    „Die Taten liegen lange zurück (Tatzeit: 09.01.2019)“

    schreibt mir die Staatsanwaltschaft in einer Einstellungsverfügung vom 31.08.2022 zu einem Steuerstrafverfahren. Dagegen habe ich natürlich nichts einzuwenden.

    Typischerweise hat man es im Steuerstrafverfahren mit Tatvorwürfen zu tun, die sehr lange zurück liegen und zum Teil schon verjährt sind.

    Praxis-Tipp

    Ein langer Zeitraum zwischen der Tat und der späteren Verurteilung ist ein Strafmilderungsgrund und häufig auch ein Grund, das Strafverfahren insbesondere gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen.
  • Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019: Steuerstrafverfahren teilweise mangels Tatverdacht eingestellt

    Meinem Mandanten wurde von der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) unter anderem vorgeworfen, durch Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 eine Steuerhinterziehung begangen zu haben. Jetzt wurde das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren in diesem Punkt mangels Tatverdacht eingestellt.

    Pflichtwidrigkeit bei Steuerhinterziehung durch Unterlassen

    Steuerhinterziehung durch Unterlassen einer Steuererklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) setzt voraus, dass der Beschuldigte pflichtwidrig gehandelt hat. Das ist der Fall, wenn gegen Steuererklärungspflichten verstoßen wurde. Für die Abgabe von Steuererklärungen bestehen jedoch Fristen. Erst wenn die Steuererklärungsfrist vollständig abgelaufen ist, kann überhaupt eine Pflichtwidrigkeit vorliegen.

    Steuererklärungsfristen 2019 – „Corona“-Besonderheiten

    Das führt zu der Frage, welche Steuererklärungsfrist für 2019 bei meinem Mandanten galt. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Mandant seine Steuererklärungen selbst erstellt oder ob es sich hierbei eines steuerlichen Beraters bedient. Im Grundsatz war die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 bis zum 31.07.2020 abzugeben („Jedermann-Frist“). Mein Mandant war jedoch steuerlich beraten, so dass er dafür bis zum 28.02.2021 Zeit hatte („Beraterprivileg“).

    Allerdings ist die „Corona“-bedingte Sonderregelung des Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO zu beachten. Für die Jahressteuererklärungen 2019 lief bei beratenen Steuerpflichtigen die Abgabefrist erst am 31.08.2021 ab. Das bedeutet, mein Mandant hatte bis zum 31.08.2021 Zeit, seine USt-Jahreserklärung für 2019 einzureichen.

    Teilweise verfrühte Einleitung des Ermittlungsverfahrens

    Am 17.05.2021 reichte mein Mandant seine Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 durch seinen Steuerberater beim Finanzamt ein. Daraufhin wurde am 31.05.2021 gegen den Mandanten ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Vorwurf lautete, die Umsatzsteuer-Jahreserklärungen 2017, 2018 und 2019 nicht bzw. nicht rechtzeitig eingereicht zu haben.

    Die BuStra ging davon aus, dass mein Mandant bei Ablauf der Steuererklärungsfrist 2019 (nach Auffassung der BuStra: am 31.05.2020) steuerlich noch nicht vertreten war. Somit gelte für ihn das „Beraterprivileg“ nicht. Dabei übersah die Bußgeld- und Strafsachenstelle sogar die ab Veranlagungszeitraum 2018 geltende Verlängerung der „Jedermann-Frist“ auf den 31.07. des Folgejahres.

    Verteidigungsaktivitäten

    Im Ermittlungsverfahren konnte ich nachweisen, dass mein Mandant bereits vor dem 31.05.2020 steuerlich vertreten war. Dazu genügt die Beauftragung des Steuerberaters. Eine Anzeige der Beauftragung beim Finanzamt ist nach dem Gesetz nicht erforderlich. Somit galt für meinen Mandanten das „Beraterprivileg“ und zugleich die „Corona“-bedingt verlängerte Abgabefrist (31.08.2021). Da die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 am 17.05.2021 eingereicht wurde – also vor Fristablauf (31.08.2021) –, könne meinem Mandanten insoweit keine Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden.

    Nach einigem Hin und Her hielt die BuStra an ihrem Vorwurf nicht mehr fest und stellte das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren betreffend die Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 mangels Tatverdacht ein.

    Praxis-Tipp

    Aufgrund der verschiedenen Steuererklärungsfristen – vor VZ 2018, ab VZ 2018, „Corona-Sonderregelungen“ in den VZ 2019 und 2020 – wird die Bestimmung der einschlägigen Abgabefrist zukünftig fehleranfälliger werden. Hier sollte die Verteidigung also genauer hinschauen.

  • Verdeckte Gewinnausschüttungen? Steuerstrafverfahren gegen GmbH-Geschäftsführer im Zwischenverfahren eingestellt

    Verdeckte Gewinnausschüttungen durch fingierte Beraterverträge?

    Das Finanzamt warf meinem Mandanten (GmbH-Geschäftsführer) im Rahmen einer Betriebsprüfung vor, durch fingierte Beraterverträge Gelder aus der GmbH abgezogen und „steuerfrei“ privat vereinnahmt zu haben. Dadurch habe er über mehrere Jahre Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Einkommensteuer verkürzt. Der meinem Mandanten angelastete Steuerschaden betrug insgesamt ca. 223.000,00 €.

    Steuerstrafverfahren und Anklage

    In dem daraufhin eröffneten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren erhob die Steuerfahndung umfangreiche Beweise und vernahm 20 Zeugen, zum Teil aufgrund meiner Beweisanregungen. Mehrere Verteidigungsschriften meinerseits hatten im Ermittlungsverfahren noch keinen Erfolg. Die Steuerfahndung war vom Tatvorwurf fest überzeugt. Trotz erheblicher Zweifel am hinreichenden Tatverdacht klagte die Staatsanwaltschaft meinen Mandanten vor dem Amtsgericht (Schöffengericht) an. Die Anklageschrift umfasste 18 Seiten und 13 separate Anklagepunkte.

    Hauptbelastungszeuge verstorben

    Der Fall bot neben Fragen der Beweiswürdigung noch ein „interessantes“ prozessuales Problem: Der Hauptbelastungszeuge wurde durch den Ermittlungsrichter vernommen, verstarb jedoch während des Ermittlungsverfahrens. Bei der Vernehmung des Hauptbelastungszeugen wurden Anwesenheitsrechte der Verteidigung verletzt (entgegen § 168c StPO keine vorherige Mitteilung der beabsichtigten Zeugenvernehmung), was zu einem Verwertungsverbot der vom Ermittlungsrichter protokollierten Zeugenvernehmung geführt hätte.

    Verfahrenseinstellung im Zwischenverfahren

    Im Zwischenverfahren gelang es dann durch eine weitere (21seitige) Verteidigungsschrift und begleitende Telefonate, die Staatsanwaltschaft davon zu überzeugen, die Zustimmung zu einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage zu erteilen. Der Amtsrichter war mit einer Einstellung ebenfalls einverstanden. Mein Mandant zahlte 7.500,00 € Geldauflage an eine gemeinnützige Einrichtung und das Verfahren wurde ohne Verurteilung endgültig eingestellt.

  • Steuerhinterziehung: Berufsgerichtliches Verfahren gegen Steuerberater eingestellt

    Meinen Mandanten, ein Steuerberater, verteidigte ich zunächst in einem Steuerstrafverfahren vor dem Amtsgericht. Ihm wurde vorgeworfen, Scheinrechnungen über Steuerberaterleistungen erstellt zu haben. Dadurch habe dessen Mandant zu Unrecht die Vorsteuer aus den Scheinreichnungen gezogen. Zudem habe mein Mandant die von ihm selbst nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldeten Beträge nicht angemeldet.

    Mein Mandant wies den Tatvorworf zurück. Das Steuerstrafverfahren wurde dann gegen Zahlung einer Geldauflage nach § 153a StPO „geräuschlos“ eingestellt.

    Parallel wurde durch die Generalstaatsanwaltschaft ein berufsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten eingeleitet. Im Ermittlungsverfahren regte ich an, das Verfahren ebenfalls einzustellen. Trotz einer Erinnerung keine Reaktion der Generalstaatsanwaltschaft. Stattdessen erhielt mein Mandant eine beim Landgericht eingereichte Anschuldigungsschrift, die auf das Steuerstrafverfahren vor dem Amtsgericht Bezug nahm.

    Hierzu nahm ich für meinen Mandanten Stellung. Die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft im Steuerstrafverfahren seien lückenhaft und widersprüchlich, so dass (umfangreiche) Nachermittlungen stattfinden müssten. Hinsichtlich des vorgeworfenen Sachverhalts finde bei meinem Mandanten zudem eine Betriebsprüfung statt, die derzeit trotz des beträchtlichen Zeitablaufs – die Prüfungsanordnung sei aus 2015 – noch immer nicht abgeschlossen sei und in deren Rahmen auch die zugrunde liegende umsatzsteuerrechtliche Problematik überprüft werde. Der Abschluss der Betriebsprüfung und eines etwaigen daran anschließenden Rechtsbehelfsverfahrens sei zeitlich nicht absehbar.

    Daher regte ich nochmals die Verfahrenseinstellung nach §§ 153 StBerG, 153a StPO an. Dem stimmten jetzt sowohl das Landgericht als auch die Generalstaatsanwaltschaft zu.

    Warum nicht gleich so?

  • Zitat der Woche: Steuerhinterziehung? Wir verhindern die Restschuldbefreiung!

    In einem Steuerstrafverfahren vor dem Amtsgericht (nach Einspruch gegen einen Strafbefehl) wegen nicht abgegebener Umsatzsteuer-Voranmeldungen mit einem – überschaubaren – Verkürzungsbetrag i. H. v. ca. 8.000 € ging es um die Frage, ob die BuStra einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage (§ 153a StPO) zustimmt. Die BuStra verweigerte die Zustimmung u. a. mit der Begründung:

    „Auch kann eine Zustimmung zu dieser Verfahrensweise nicht erfolgen, da eine rechtskräftige Verurteilung notwendig ist, um dem Beschuldigten die Restschuldbefreiung gem. § 302 InsO versagen zu können.“

    Man reibt sich die Augen: Missbrauch des Strafverfahrens durch die BuStra für verfahrensfremde Zwecke? Die Begründung spricht dafür, dass sich die BuStra in ihrem „Verfolgungseifer“ von sachfremden Erwägungen leiten lässt.

    Bestraft wird, weil Unrecht begangen wurde und nicht, weil die Finanzbehörde eine strafrechtliche Verurteilung für insolvenzrechtliche Zwecke als „notwendig“ ansieht. Gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 StGB ist die Schuld des Täters Grundlage für die Zumessung der Strafe. Eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO kommt in Betracht, wenn die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Das sind eigenständige strafrechtliche und strafprozessuale Kategorien, die mit der Frage, was man behördlicherseits „hinterher“ mit einer Verurteilung anfangen will, nicht vermischt werden dürfen.

    ► Praxis-Tipp

    In diesem Verfahren wurde (bisher) sowohl von der BuStra selbst als auch vom Amtsgericht übersehen, dass die BuStra gar nicht mehr zuständig ist.

    Gemäß § 153a Abs. 2 StPO kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Die Finanzbehörde (BuStra/StraBu) hat im Strafbefehlsverfahren die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft nur, „solange nicht … Einspruch gegen den Strafbefehl erhoben wird“ (§ 406 Abs. 1 AO). Da im vorliegenden Verfahren aber Einspruch eingelegt wurde, ist die sachliche Zuständigkeit der BuStra mit Einlegung des Einspruchs beendet. Damit stehen der BuStra nur noch die Rechte aus § 407 AO zu, hier in Form eines bloßen Anhörungsrechts (§ 407 Abs. 1 S. 2 AO). Auf eine (verweigerte) Zustimmung der BuStra kommt es nicht mehr an.

    Sachlich zuständig ist vielmehr die Staatsanwaltschaft.

    Update (03.04.2020): Zwischenzeitlich hat die zuständige Staatsanwaltschaft signalisiert, der Einstellung zuzustimmen, wenn zunächst die Steuerschuld beglichen wird.

    Update (09.07.2020): Zwischenzeitlich wurde die Steuerschuld und eine Geldauflage i. H. v. 1.500,00 € bezahlt. Danach wurde das Verfahren endgültig gemäß § 153a StPO eingestellt. Erfreuliches Ergebnis, wenn man bedenkt, dass in dem ursprünglichen Strafbefehl 4.500,00 € Geldstrafe angesetzt war.

  • Keime in der Wurst – Strafverfahren eingestellt

    Die Staatsanwaltschaft warf meinem Mandanten (Hersteller von Fleisch- und Wurstwaren) in einer Anklage vor dem Amtsgericht vor, mit Listerien (Listeria monocytogenes) infizierte Wurst in den Verkehr gebracht zu haben, strafbar gemäß § 58 Abs. 2 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LMFG).

    Im Zwischenverfahren erstellte ich für meinen Mandanten eine Verteidigungsschrift und daraufhin gelang es, dass das Strafverfahrens noch in diesem Verfahrensabschnitt gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurde. Dadurch wurde meinem Mandanten die Hauptverhandlung erspart und er ist weiterhin nicht vorbestraft.

  • Grundstück zwei Tage zu früh veräußert: „Spekulationsgewinn“ nicht erklärt, Ermittlungsverfahren aber eingestellt

    Kurioser Fall: Ein Mandant kaufte 2006 ein Grundstück. Dem Grundstückskauf lag ein notarielles Kaufangebot vom 15.03.2006 zugrunde, das am 23.03.2006 angenommen wurde. Im Jahr 2016 wollte der Mandant das Grundstück wieder verkaufen. Die 10jährige Haltefrist („Spekulationsfrist“) war ihm bekannt. Daher wollte er auf „Nummer Sicher“ gehen und fragte seinen Steuerberater, wann er denn das Grundstück frühestens verkaufen dürfe, damit der Verkauf steuerfrei sei. Der Steuerberater teilte meinem Mandanten mit, der 15.03.2006 sei maßgeblich für den Beginn der Haltefrist (Ablauf der Haltefrist also am 15.03.2016). Der Mandant veräußerte das Grundstück daraufhin am 22.03.2016.

    Die Beratungsaussage des Steuerberaters war jedoch falsch. Nach der Rechtsprechung war das Kaufangebot vom 15.03.2006 noch keine „Anschaffung“ i. S. v. § 23 EStG. Die „Anschaffung“ kann vielmehr erst in der Annahme des Kaufangebots am 23.03.2006 gesehen werden. Also war der 23.03.2006 (und nicht der 15.03.2006) maßgeblich für den Beginn der Haltefrist. Die Haltefrist lief daher – entgegen der Aussage des Steuerberaters – erst am 23.03.2016 ab.

    Durch den Grundstücksverkauf am 22.03.2016 wurde also die 10jährige Haltedauer nicht eingehalten. Das Grundstück wurde zwei (!) Tage zu früh veräußert. Das Grundstück hätte frühestens am 24.03.2016 verkauft werden dürfen, um die Haltefrist einzuhalten und das Grundstück steuerfrei veräußern zu können.

    Das war das steuerrechtliche Vorspiel. Im Jahr 2019 leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten ein. Vorwurf: Da das Grundstück innerhalb der 10jährigen Haltefrist verkauft wurde, sei dies ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft i. S. v. § 23 EStG. Der Veräußerungsgewinn (ca. 50.000 €) hätte in der Einkommensteuererklärung für 2016 angegeben werden müssen, was nicht geschehen sei.

    Im Ermittlungsverfahren gelang es dann, darzulegen, dass mein Mandant auf die (falsche) Beratungsaussage seines Steuerberaters vertraut habe und vertrauen durfte. Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da sich der Tatverdacht nicht bestätigt habe.

  • „Verunglückte“ Selbstanzeige als Strafmilderungsgrund

    Durch Abgabe einer – wirksamen – Selbstanzeige wird man nicht wegen Steuerhinterziehung bestraft (§ 371 Abs. 1 AO). Manchmal geht aber bei Erstellung der Selbstanzeige etwas schief und man bekommt später vorgehalten, dass die Selbstanzeige unwirksam sei.

    Beispiel: „Leicht verschätzt“

     

    Herr Müller hat Steuerhinterziehung („Schwarzeinnahmen“) begangen und rechnet damit, dass die Sache bald auffliegt. Es soll daher schnellstmöglich eine Selbstanzeige erstellt werden. Da er keine Unterlagen zur Höhe der „Schwarzeinnahmen“ hat, schätzt er diese. Die Schätzung wird dem Finanzamt näher erläutert und es wird zur Sicherheit noch ein Aufschlag gemacht. Im nachfolgenden Steuerstrafverfahren stellt sich aber heraus, dass die Selbstanzeige unvollständig war: In seiner Selbstanzeige hat Herr Müller (unbewusst) nur eine Steuerverkürzung i. H. v. 80.000 € aufgedeckt, tatsächlich beträgt die Steuerverkürzung jedoch 100.000 €.

    In solchen Fällen spricht man von einer „verunglückten“ Selbstanzeige. Die Selbstanzeige ist unwirksam, weil die Berichtigung unvollständig war. Unbewusste geringfügige Abweichungen („Bagatellabweichungen“) sollen die Selbstanzeige zwar nicht unwirksam machen. Die Rechtsprechung hat dafür eine Bagatellgrenze entwickelt: Jedenfalls eine Abweichung mit einer Auswirkung von mehr als 5 % vom Verkürzungsbetrag i. S. v. § 370 Abs. 4 AO ist als nicht mehr geringfügig anzusehen (BGH, 25.07.2011, 1 StR 631/10).

    Im Beispielsfall beträgt die Abweichung mehr als 5 % (konkret: 20%), daher ist die Selbstanzeige unvollständig und unwirksam.

    Die Selbstanzeige kann auch deshalb unwirksam sein, weil bereits ein Sperrgrund vorlag oder die Steuer-/Zinsnachzahlung (oder der „Strafzuschlag“) nicht oder nicht fristgerecht gezahlt werden kann. Folge ist, dass keine Strafaufhebung nach § 371 Abs. 1 AO in Betracht kommt.

    Allerdings stellt eine „verunglückte“ Selbstanzeige einen Strafmilderungsgrund dar. Das war bisher nur in den AStBV (St) Nr. 77 Ziff. 3a („verunglückte“ Selbstanzeige) geregelt, wurde jetzt aber durch eine BGH-Entscheidung vom 20.11.2018, 1 StR 349/18, bestätigt.

    Praxistipp

     

    Wenn die Selbstanzeige erkennbar vom Willen zur Rückkehr zur Steuerehrlichkeit getragen ist, kann dies zu einer deutlichen Strafmilderung und in besonderen Fällen auch noch zu einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO führen (Jäger in Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 371 Rn. 74).

  • Steuerhinterziehung: Zunächst Strafbefehl gegen Bauträger, dann Einstellung gegen Geldauflage

    Mein Mandant erbrachte und erbringt als Bauträger umsatzsteuerfreie Leistungen. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung warf die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) meinem Mandanten vor, im Jahr 2014 keine Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt eingereicht zu haben. Nach Auffassung der BuStra hätte er aber Umsätze erklären müssen, für die er gemäß § 13b Abs. 1, Abs. 5 UStG die Umsatzsteuer geschuldet habe (Bezug von Bauleistungen von einem im Ausland ansässigen Unternehmer und Ort der Leistung im Inland, § 3a Abs. 2 UStG). Dadurch habe mein Mandant ca. 62.000 € Umsatzsteuer verkürzt.

    Die Sache wurde von der Staatsanwaltschaft übernommen und auf deren Antrag erließ das Amtsgericht einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe i. H. v. 13.000 €. Dagegen wurde Einspruch eingelegt und es wurde ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Im Vorfeld hatte ich den Hörer in die Hand genommen und die Sache mit dem Vorsitzenden kurz erörtert. So kam es, dass der Vorsitzende in der Hauptverhandlung gleich nach Verlesung des Strafbefehls selbst anregte, ein Rechtsgespräch zu führen (eigentlich wollte ich eine solche Erörterung anregen, aber er kam mir erfreulicherweise zuvor).

    Im Rahmen des Rechtsgesprächs führte der Vorsitzende einige Punkte auf, die für meinen Mandanten sprächen (Steuern nachgezahlt, Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhalts, keine Vorstrafen), so dass hier auch eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlunge einer Geldauflage in Betracht komme.

    Ich ergänzte, dass man durchaus auch hinterfragen könne, ob der Strafbefehl der so genannten Umgrenzungsfunktion (§ 409 Abs. 1 StPO) genüge. Nach dieser Vorschrift müssen die angeklagten Taten hinreichend bestimmt sein. Die BuStra hatte nach meiner Auffassung verschiedene Umsätze in den falschen Voranmeldungszeitraum eingeordnet, so dass die Umgrenzungsfunktion nicht erfüllt sei.

    Zudem sei fraglich, ob überhaupt ein Fall des § 13b UStG vorliege. Das setze einen im (EU-)Ausland ansässigen Unternehmer voraus. Wenn dieser ausländische Unternehmer aber im Inland (Deutschland) eine Betriebsstätte oder seine Geschäftsleitung habe, dann sei § 13b Abs. 1 UStG gar nicht anwendbar und mein Mandant hätte keine Steuererklärungspflicht gehabt (vgl. § 13b Abs. 7 UStG). Folglich könne man ihm auch kein pflichtwidriges Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) vorwerfen. Aus den Ermittlungsakten ergaben sich deutliche Hinweise auf eine Betriebsstätte bzw. eine Geschäftsleitung des ausländischen Unternehmers in Deutschland. Das hatten aber die Umsatzsteuersonderprüferin, die BuStra und auch die Staatsanwaltschaft bisher übersehen. Wie so oft im Steuerstrafrecht spielt die Musik im Steuerrecht, hier im Umsatzsteuerrecht.

    Dies hätte nun alles in einer umfangreichen Beweisaufnahme geklärt werden müssen. Am Ende einigten sich aber alle Beteiligten – auch aus wirtschaftlichen Gründen – darauf, dass das Strafverfahren gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage i. H. v. 6.500 € an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt wird. Mein Mandant hat somit die Hälfte der ursprünglich im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe gespart und ist weiterhin nicht vorbestraft.

    Praxis-Tipp

    Im vorliegenden Fall hatte sich der Mandant im Ermittlungsverfahren gegenüber der BuStra selbst (ohne Steuerstrafverteidiger) vertreten. Eine frühere Einschaltung eines Steuerstrafverteidigers wäre aber besser gewesen, denn man hätte dieses Ergebnis – Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage – wahrscheinlich schon im Ermittlungsverfahren erreichen können. Dann hätte man Zeit, Kosten und Nerven für den Hauptverhandlungstermin gespart. Aber hinterher ist man immer schlauer.

     

  • Steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Steuerberater gemäß § 153a StPO eingestellt

    Gegen meinen Mandanten (Steuerberater) wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es bestand der Verdacht, er habe zugunsten seines eigenen Mandanten Vorsteuer gebucht und im Wege des Vorsteuerabzugs geltend gemacht, obwohl die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht vorlagen. Im Streitfall fehlte die offen ausgewiesene Umsatzsteuer in der Eingangsrechnung des Mandanten. Das Ermittlungsverfahren wurde jetzt gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.