Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019: Steuerstrafverfahren teilweise mangels Tatverdacht eingestellt

Meinem Mandanten wurde von der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) unter anderem vorgeworfen, durch Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 eine Steuerhinterziehung begangen zu haben. Jetzt wurde das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren in diesem Punkt mangels Tatverdacht eingestellt.

Pflichtwidrigkeit bei Steuerhinterziehung durch Unterlassen

Steuerhinterziehung durch Unterlassen einer Steuererklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) setzt voraus, dass der Beschuldigte pflichtwidrig gehandelt hat. Das ist der Fall, wenn gegen Steuererklärungspflichten verstoßen wurde. Für die Abgabe von Steuererklärungen bestehen jedoch Fristen. Erst wenn die Steuererklärungsfrist vollständig abgelaufen ist, kann überhaupt eine Pflichtwidrigkeit vorliegen.

Steuererklärungsfristen 2019 – „Corona“-Besonderheiten

Das führt zu der Frage, welche Steuererklärungsfrist für 2019 bei meinem Mandanten galt. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Mandant seine Steuererklärungen selbst erstellt oder ob es sich hierbei eines steuerlichen Beraters bedient. Im Grundsatz war die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 bis zum 31.07.2020 abzugeben („Jedermann-Frist“). Mein Mandant war jedoch steuerlich beraten, so dass er dafür bis zum 28.02.2021 Zeit hatte („Beraterprivileg“).

Allerdings ist die „Corona“-bedingte Sonderregelung des Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO zu beachten. Für die Jahressteuererklärungen 2019 lief bei beratenen Steuerpflichtigen die Abgabefrist erst am 31.08.2021 ab. Das bedeutet, mein Mandant hatte bis zum 31.08.2021 Zeit, seine USt-Jahreserklärung für 2019 einzureichen.

Teilweise verfrühte Einleitung des Ermittlungsverfahrens

Am 17.05.2021 reichte mein Mandant seine Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 durch seinen Steuerberater beim Finanzamt ein. Daraufhin wurde am 31.05.2021 gegen den Mandanten ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Vorwurf lautete, die Umsatzsteuer-Jahreserklärungen 2017, 2018 und 2019 nicht bzw. nicht rechtzeitig eingereicht zu haben.

Die BuStra ging davon aus, dass mein Mandant bei Ablauf der Steuererklärungsfrist 2019 (nach Auffassung der BuStra: am 31.05.2020) steuerlich noch nicht vertreten war. Somit gelte für ihn das „Beraterprivileg“ nicht. Dabei übersah die Bußgeld- und Strafsachenstelle sogar die ab Veranlagungszeitraum 2018 geltende Verlängerung der „Jedermann-Frist“ auf den 31.07. des Folgejahres.

Verteidigungsaktivitäten

Im Ermittlungsverfahren konnte ich nachweisen, dass mein Mandant bereits vor dem 31.05.2020 steuerlich vertreten war. Dazu genügt die Beauftragung des Steuerberaters. Eine Anzeige der Beauftragung beim Finanzamt ist nach dem Gesetz nicht erforderlich. Somit galt für meinen Mandanten das „Beraterprivileg“ und zugleich die „Corona“-bedingt verlängerte Abgabefrist (31.08.2021). Da die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 am 17.05.2021 eingereicht wurde – also vor Fristablauf (31.08.2021) –, könne meinem Mandanten insoweit keine Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden.

Nach einigem Hin und Her hielt die BuStra an ihrem Vorwurf nicht mehr fest und stellte das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren betreffend die Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019 mangels Tatverdacht ein.

Praxis-Tipp

Aufgrund der verschiedenen Steuererklärungsfristen – vor VZ 2018, ab VZ 2018, „Corona-Sonderregelungen“ in den VZ 2019 und 2020 – wird die Bestimmung der einschlägigen Abgabefrist zukünftig fehleranfälliger werden. Hier sollte die Verteidigung also genauer hinschauen.