Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Author: Rico Deutschendorf

  • „Update Steuerstrafrecht“ – Online-Vortrag am 26.05.2023

    Am 26.05.2023 hielt ich einen 2,5stündigen Online-Vortrag „Update Steuerstrafrecht“ für das Deutsche Anwaltsinstitut.

    Hier können Sie eine Übersicht zu meinen Vorträgen abrufen.

  • Keine Verwerfung der Differenzbesteuerung bei Verstoß gegen Aufzeichnungspflichten

    Unter bestimmten Voraussetzungen können Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG anwenden.

    Aufzeichnungspflichten des Wiederverkäufers

    Dazu muss der Wiederverkäufer aber bestimmte Aufzeichnungspflichten erfüllen, die in § 25a Abs. 6 UStG geregelt sind. Beispielsweise ist der Einkaufspreis aufzuzeichnen.

    In der Praxis werden diese Aufzeichnungspflichten nicht immer erfüllt. Jahre später wird dies dann beispielsweise von einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung oder Fahndungsprüfung aufgedeckt. Fraglich ist dann, welche Konsequenzen bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten gemäß § 25a Abs. 6 UStG drohen.

    Steufa: Versagung der Differenzbesteuerung

    In einem aktuellen Fall ist die Steuerfahndung der Meinung, bei einem Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten sei die Differenzbesteuerung im Ganzen zu versagen. Konsequenz: Alle Ausgangsumsätze des Wiederverkäufers würden dann voll der Umsatzsteuer (19 % unterliegen).

    BFH: Schätzung

    Das ist so nicht korrekt. Nach einer Entscheidung des BFH vom 12.05.2022, Az. V R 19/20, gehören die Aufzeichnungspflichten des § 25a Abs. 6 UStG nicht zu den materiellen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung. Daher führt ein Verstoß gegen diese Aufzeichnungspflichten grundsätzlich auch nicht dazu, die Differenzbesteuerung zu versagen. Vielmehr ist dann (sachgerecht) zu schätzen (§ 162 AO).

    Praxis-Tipp

    Eine Schätzung kommt nach den allgemeinen Grundsätzen nur in Betracht, wenn und soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 Abs. 1 S. 1 AO).

  • Finanzgerichtsverfahren: Rücknahme oder Erledigungserklärung bei Abhilfe des Finanzamtes?

    Nicht selten kommt es vor, dass das Finanzamt im laufenden Finanzgerichtsverfahren abhilft, z. B. den angefochtenen Steuer- oder Haftungsbescheid ersatzlos aufhebt oder die zunächst abgelehnte Aussetzung der Vollziehung (AdV) nun doch gewährt.

    Abhilfe des Finanzamtes im AdV-Verfahren

    Aktueller Beispielsfall: Für eine Mandantin beantragte ich beim Finanzgericht die AdV von Einkommensteuerbescheiden. Nachdem ich den AdV-Antrag begründete, führte das beim Finanzamt offenbar zu einem Umdenken, denn es gewährte nunmehr von sich aus die AdV, ohne dass das Finanzgericht entscheiden musste.

    Daraufhin erhielt ich folgende Aufforderung vom Finanzgericht:

    „Teilen Sie bitte mit, ob Sie den Aussetzungsantrag bzgl. der Einkommensteuer … aufrechterhalten oder ggf. zurücknehmen.“

    Kosten- und Haftungsfalle

    Beides eine böse Kosten- und Haftungsfalle: Hält man den Antrag aufrecht, besteht aufgrund der Abhilfe des Finanzamtes kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine AdV der Einkommensteuerbescheide. Der Antrag wäre unzulässig und müsste kostenpflichtig abgewiesen werden (§ 135 Abs. 1 FGO).

    Erklärt man dagegen die Rücknahme des Antrags, trägt der Antragsteller (= meine Mandantin) gemäß § 136 Abs. 2 FGO zwingend die Kosten des Verfahrens. Eine andere Kostenentscheidung ist nicht möglich.

    Richtigerweise Erledigungserklärung

    Richtigerweise ist hier der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. In diesem Fall muss das Gericht prüfen, wer den Rechtsstreit voraussichtlich verloren hätte. Diesem sind dann die Kosten aufzuerlegen. Im Fall einer Abhilfe – wie in meinem Beispielsfall – sind grundsätzlich dem Finanzamt die Kosten aufzuerlegen (§ 138 Abs. 1, Abs. 2 FGO).

    Fazit und Praxis-Tipp

    Vorsicht also vor einer unüberlegten Rücknahme eines AdV-Antrags oder einer Klage, wenn stattdessen eine Erledigungserklärung in Betracht kommt. Anderenfalls schneidet man der Mandantschaft einen Kostenerstattungsanspruch ab.

    Auch bei einer Kostenentscheidung gemäß § 138 Abs. 2 FGO darf berücksichtigt werden, dass Tatsachen oder Beweismittel verspätet vorgetragen wurden (§ 138 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 137 FGO).

    Im geschilderten Fall ist fraglich, ob das Finanzgericht meine Mandantin bzw. mich bewusst „ins offene Messer laufen lassen“ wollte oder die Anregung zur Rücknahme einfach nur „schlampig“ formuliert war.
  • GmbH-Geschäftsführerin: Finanzamt sieht nach Anhörung von Haftungsinanspruchnahme ab

    Bevor das Finanzamt einen Haftungsbescheid erlässt, wird es den (potenziellen) Haftungsschuldner normalerweise anhören. Im Anhörungsschreiben legt das Finanzamt dar, dass ein bestimmter Haftungstatbestand erfüllt sei. Hierzu können dann Einwendungen vorgetragen werden.

    Wenn man als Berater nach Prüfung erkennt, dass der Haftungstatbestand nicht vorliegt oder beispielsweise Festsetzungsverjährung eingetreten ist, bietet es sich an, das vorzutragen.

    Beabsichtigte Haftungsinanspruchnahme als KG- bzw. GmbH-Geschäftsführerin

    In einem aktuellen Fall erhielt meine Mandantin Ende 2022 ein Anhörungsschreiben des Finanzamtes, wonach beabsichtigt sei, sie als ehemalige Geschäftsführerin einer GmbH für die Steuerschulden einer GmbH & Co. KG, deren Komplementärin die GmbH war, in Haftung zu nehmen.

    Bei den Steuerschulden handelte es sich um Umsatzsteuer 2013 und 2014 zzgl. Säumniszuschläge (insgesamt ca. 42.000,00 €). Dabei ging das Finanzamt von einem Haftungszeitraum vom 22.08.2019 bis 02.11.2022 aus.

    Einwendung 1: Erlöschen der Vertretungsbefugnis

    Nach Prüfung des Sachverhalts wurde festgestellt, dass die Vertretungsbefugnis schon vor Beginn des Haftungszeitraums erloschen war, denn meine Mandantin wurde bereits Ende 2018 als Geschäftsführerin abberufen. Das trug ich dem Finanzamt vor.

    Daraufhin entschuldigte sich das Finanzamt – man sei von einem falschen Haftungszeitraum ausgegangen. „Der Beginn des Haftungszeitraums“ sei vielmehr „auf den 31.01.2015 zu datieren.“ An einer Haftungsinanspruchnahme hielt das Finanzamt fest.

    Einwendung 2: Festsetzungsverjährung

    Ich erwiderte gegenüber dem Finanzamt, wenn nunmehr auf (angebliche) Pflichtverletzungen in den Jahren 2014, 2015 oder 2016 abgestellt werde, dann sei jedenfalls Festsetzungsverjährung eingetreten (§ 191 Abs. 3 S. 2 und S. 4 i. V. m. § 171 Abs. 10 AO). Die zweijährige Umsetzungsfrist aus § 171 Abs. 10 AO sei schon abgelaufen. Ich bat daher nochmals um schriftliche Bestätigung, dass von einer Haftungsinanspruchnahme meiner Mandantin abgesehen werde.

    Finanzamt lenkt ein – Haftungsbescheid verhindert

    Dem kam das Finanzamt jetzt nach. Es teilte schriftlich mit, dass

    „von einer Haftungsinanspruchnahme bzgl. der Steuerschulden der o. g. Gesellschaft … abgesehen“

    wird.

    Praxis-Tipp

    Wermutstropfen: Leider muss das Finanzamt die Beraterkosten für das Haftungsprüfungsverfahren nicht erstatten. Die Beraterkosten sind aber grundsätzlich (nachträgliche) Werbungskosten bei den Einkünften als Geschäftsführerin. Maßgeblich ist das Abflussprinzip.
  • Keine verdeckte Gewinnausschüttung auf Gesellschafterebene

    In einem Beitrag aus März 2021 berichtete ich über die Einstellung eines Steuerstrafverfahrens, in dem es um den Vorwurf fingierter Beraterverträge und damit zusammenhängender verdeckter Gewinnausschüttungen ging.

    Steuerrechtliches „Nachspiel“ auf Ebene der GmbH

    Parallel zum Steuerstrafverfahren erließ das Finanzamt geänderte Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide gegenüber der GmbH und rechnete darin verdeckte Gewinnausschüttungen hinzu. Bemessungsgrundlage waren die an einen Berater der GmbH gezahlten Honorare, die das Finanzamt anzweifelte.

    Dagegen legte ich für die GmbH Einspruch ein. Nach abgeschlossenem Einspruchsverfahren erhob ich Klage zum Finanzgericht. In einem Erörterungstermin wies die Finanzrichterin darauf hin, dass die vom Finanzamt behaupteten, aber nicht nachgewiesenen Rückflüsse der Beraterhonorare an meinen Mandanten ein Problem für das Finanzamt sei. Nach ihrer vorläufigen Auffassung sei keine verdeckte Gewinnausschüttung nachgewiesen, zumindest nicht auf Ebene des Gesellschafters.

    Letztendlich könne aber offen bleiben, ob es sich bei den Beraterhonoraren um verdeckte Gewinnausschüttungen handele oder nicht. Jedenfalls sei die betriebliche Veranlassung der gezahlten Honorare nicht hinreichend dokumentiert und nachgewiesen, so dass insoweit kein Betriebsausgabenabzug in Betracht komme. Die Klage habe daher schon aus diesem Grund keinen Erfolg. Daher nahm ich die Klage im Erörterungstermin zurück.

    Dass die Klage betreffend die GmbH „so oder so“ keinen Erfolg haben würde, war vorhersehbar und mit dem Mandanten abgestimmt. Gleichwohl war die Klage erforderlich, um ein „Signal“ des Finanzgerichts zur Frage der verdeckten Gewinnausschüttung zu erhalten. Dieses „Signal“ war enorm wichtig für das Besteuerungsverfahren beim Gesellschafter (meinem Mandanten).

    Keine verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter

    Neben den Änderungsbescheiden gegenüber der GmbH hatte das Finanzamt auch geänderte Einkommensteuerbescheide gegenüber meinem Mandanten (GmbH-Gesellschafter) erlassen. Darin waren die vermeintlichen verdeckten Gewinnausschüttungen bei ihm als Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt.

    Auch dagegen wurde Einspruch eingelegt. Beim Finanzamt regte ich im Dezember 2021 mit Verweis auf den Erörterungstermin an, dem Einspruch abzuhelfen und es nicht auf ein weiteres Finanzgerichtsverfahren ankommen zu lassen.

    Dem kam das Finanzamt jetzt (April 2023) nach: Es hielt an den verdeckten Gewinnausschüttungen nicht mehr fest, erließ neue Einkommensteuerbescheide und erstattete die bereits gezahlten Steuerbeträge an meinen Mandanten zurück – ein verspätetes Oster-„Geschenk“ in Höhe von ca. 150.000 € (einschließlich Zinsen).

  • Höhe der Aussetzungszinsen: Keine verfassungsrechtlichen Bedenken

    Auch wenn man Einspruch gegen einen Steuerbescheid einlegt, wird die Steuer fällig und kann vollstreckt werden. Das kann nur durch einen (erfolgreichen) Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) verhindert werden. Dadurch ist es dem Finanzamt – vorläufig – verwehrt, die Steuern geltend zu machen oder zu vollstrecken.

    AdV-Zinsen

    Haben später der Einspruch oder eine Klage zum Finanzgericht ganz oder teilweise keinen Erfolg, z. B. nach rechtskräftiger Abweisung der Klage vor dem Finanzgericht, dann stellt sich die Frage, ob man dem Finanzamt für die Dauer der Aussetzung Zinsen zahlen muss.

    Diese Frage beantwortet § 237 AO. Nach dieser Vorschrift fallen Zinsen (AdV-Zinsen) auf den ausgesetzten Steuerbetrag an (6 % pro Jahr, § 238 Abs. 1 AO). Nur für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen (§ 233a AO) gilt gemäß § 238 Abs. 1a AO ein besonderer Zinssatz von 1,8 % pro Jahr.

    Verfassungsrechtliche Bedenken?

    In seiner Zinsentscheidung vom 08.07.2021 lehnte das BVerfG eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auf AdV-Zinsen ab.

    In einer Entscheidung vom 08.03.2023 verneinte das Finanzgericht Münster, Az. 6 K 2094/22 E, ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken an der Höhe der AdV-Zinsen. Das Finanzgericht ließ die Revision zum BFH zu, die auch eingelegt wurde (Az. EIN 298/23).

    Praxis-Tipp

    AdV-Zinsen werden durch einen Zinsbescheid festgesetzt. Dagegen sollte Einspruch eingelegt und unter Verweis auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

  • Neuregelung der Höhe der Nachzahlungs- und Erstattungszinsen (§ 233a AO)

    Gemäß § 233a AO sind Steuernachforderungen und Steuererstattungen zu verzinsen. Der Zinssatz beträgt grundsätzlich für alle Zinsen nach der AO „für jeden Monat einhalb Prozent“, also 6 Prozent pro Jahr (§ 238 Abs. 1 S. 1 AO).

    Verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes

    Aufgrund des „strukturellen Niedrigzinsniveaus“ zweifelte der BFH an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes für Veranlagungszeiträume ab 2015 bzw. ab dem Veranlagungszeitraum 2012. Das BVerfG (08.07.2021, 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) beschloss am 08.07.2021 aufgrund zweier Verfassungsbeschwerden, dass …

    „… § 233a … in Verbindung mit § 238 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung … mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar“ ist, „soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von einhalb Prozent für jeden Monat zugrunde gelegt wird.“ Allerdings ist „das bisherige Recht … für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. … Eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auf die anderen Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung zulasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO, kommt dagegen nicht in Betracht.“

    D. h., die Entscheidung (und die spätere Neuregelung) wirkt sich für Verzinsungszeiträume vor 2019 nicht aus, sondern erst für Verzinsungszeiträume ab 01.01.2019. Die Unvereinbarkeitserklärung betrifft auch nur Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gemäß § 233a AO. Für Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) z. B. soll sie ausdrücklich nicht gelten.

    Gesetzliche Neuregelung   

    Die gesetzliche Neuregelung – Zinssatz von 1,8 % pro Jahr – befindet sich in § 238 Abs. 1a AO: „In den Fällen des § 233a betragen die Zinsen abweichend von Absatz 1 Satz 1 ab dem 1. Januar 2019 0,15 Prozent für jeden Monat, das heißt 1,8 Prozent für jedes Jahr.“ Dies ist eine Sonderregelung nur für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen (§ 233a AO). Für andere Verzinsungstatbestände gilt die Neuregelung nach dem eindeutigen Wortlaut nicht.

  • Schriftsatz eines Steuerberaters ans Finanzgericht per Fax ist unwirksam

    Seit dem 01.01.2023 müssen Steuerberater das besondere elektronische Steuerberaterpostfach („beSt“) verwenden, wenn sie Schriftsätze (z. B. Klageschrift oder Klagebegründung) beim Finanzgericht einreichen. Einreichung per „normaler“ Post oder per Fax ist unzulässig.

    Es komme auch nicht darauf an, ob sich der Steuerberater schon angemeldet oder ob er den Registrierungsbrief erhalten habe.

    FG Niedersachsen, 20.03.2023, 7 K 183/22 (Revision zugelassen)

    Rechtsanwälte sind seit 01.01.2022 verpflichtet, bei Gericht Schriftsätze nur noch per „beA“ einzureichen.

  • „Steuerstrafrecht“ – Vortrag am 20.03.2023 in Köln

    Am 20.03.2023 hielt ich in Köln einen 8stündigen Vortrag zum Steuerstrafrecht. Der Vortrag war Teil des Fachanwaltslehrgangs Strafrecht bei ARBER|seminare.

    Hier können Sie eine Übersicht zu meinen Vorträgen abrufen.

  • Zitat der Woche: Von Idealzuständen bei der Deutschen Post AG

    „Die schriftliche Erklärung der Deutschen Post AG wird vom Senat … eher als Beschreibung eines Idealzustands gewertet denn als belastbare Auskunft zu einer konkreten Weisungs- und Zustellsituation im hier aufklärungsbedürftigen Einzelfall.“

    BFH, 19.10.2022, X R 14/21

    Streitig war, ob ein Finanzgerichtsurteil ordnungsgemäß zugestellt und die Revisionsfrist eingehalten wurde. Die Deutsche Post AG hatte dazu in einer Auskunft gegenüber dem BFH mitgeteilt: „Postzustellungsaufträge werden und wurden immer nach den Vorgaben der Zivilprozessordnung zugestellt.“

    Der BFH meinte dazu, das entspreche nicht den Tatsachen. Dem Senat seien in seiner gerichtlichen Praxis immer wieder Fälle bekannt geworden, in denen die Zusteller gerade nicht nach den Vorgaben der ZPO zugestellt haben. Auch die juristischen Fachzeitschriften berichteten nicht nur vereinzelt von solchen Fällen.

  • „Aktuelle Entwicklungen im Steuerstrafrecht“ – Vortrag am 09.12.2022 in Berlin

    Am 09.12.2022 hielt ich in Berlin einen 5stündigen Online-Vortrag zum Thema „Aktuelle Entwicklungen im Steuerstrafrecht“ für das Deutsche Anwaltsinstitut.

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  • Amtshaftung des Finanzamtes, da Erstattung zu spät ausgezahlt

    In einem Beitrag aus Januar 2022 berichtete ich darüber, dass ich für eine Mandantin die Aufhebung eines Haftungsbescheides erreicht hatte.

    Erstattungsanspruch, Finanzamt reagiert aber nicht

    Da ein Teil der Haftungssumme (ca. 14.000 €) von meiner Mandantin im Einspruchsverfahren zunächst gezahlt wurde, entstand mit Aufhebung des Haftungsbescheides ein Erstattungsanspruch über diesen Betrag. Meine Mandantin forderte das Finanzamt zweimal erfolglos zur Zahlung auf – das Finanzamt reagierte darauf nicht.

    Im Juli 2022 wurde ich dann mit der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs beauftragt. Zwei Wochen später zahlte das Finanzamt.

    Geltendmachung Amtshaftungsanspruch

    Die Kosten für meine Beauftragung machte ich danach als Amtshaftungsanspruch beim Finanzamt geltend. Ich trug vor, dass das Finanzamt trotz Fälligkeit die Haftungssumme nicht zurückgezahlt und auch sonst keinen Kontakt zu meiner Mandantin aufgenommen habe. Irgendeine Reaktion auf die Zahlungsaufforderung meiner Mandantin sei nicht erfolgt. Daher habe meine Mandantin den Eindruck gewinnen müssen, das Finanzamt werde die Haftungssumme überhaupt nicht oder allenfalls auf anwaltlichen „Druck“ hin zurückzahlen.

    Allen Amtsträgern obliege die allgemeine Amtspflicht, sich bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben stets im Rahmen der Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften zu bewegen. Dazu gehöre auch die Beachtung der gesetzlichen Fälligkeitsregel für die Erfüllung von Erstattungsansprüchen (§ 220 AO). Ein Antrag auf Erstattung sei nicht erforderlich, weil das Finanzamt hierüber von Amts wegen zu entscheiden hat. Eine verspätete Auszahlung von Erstattungsansprüchen stelle daher eine Amtspflichtverletzung dar.

    Aufgrund dieser Pflichtverletzung sei meiner Mandantin ein Schaden in Form von Anwaltskosten für die Vertretung bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs entstanden. Darüber hinaus habe meine Mandantin einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten für die Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs.

    Finanzamt erkennt Amtshaftungsanspruch an

    Der Amtshaftungsanspruch wurde vom Finanzamt dem Grunde nach anerkannt. Die konkrete Höhe des Anspruchs wurde vom Finanzamt bemängelt, darüber wurde am Ende aber eine Verständigung erzielt und das Finanzamt erstattete auch die Anwaltskosten.