Auch eine griffweise Schätzung in Form eines (Un-)Sicherheitszuschlags muss schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Das Ergebnis einer solchen Schätzung muss das Finanzamt ausreichend begründen und auf Plausibilität prüfbar darstellen. Dies erfordert konkrete und nachprüfbare Aussagen zur Schätzungshöhe („ausreichende Begründungstiefe“), so der BFH in einer Entscheidung vom 20.03.2017, Az. X R 11/16.
Author: Rico Deutschendorf
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Steuerstrafverfahren dauern mitunder Jahre
Steuerstrafverfahren dauern mitunter Jahre. Im Dezember 2017 hat die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen einen meiner Mandanten gemäß § 153a StPO nach Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
Die Verteidigung des Mandanten hatte ich bereits im Mai 2013 übernommen.
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„Weihnachtsfrieden“: Sachsens Finanzämter halten still
Die sächsischen Finanzämter werden – wie in jedem Jahr – auch in 2017 den „Weihnachtsfrieden“ grundsätzlich respektieren (Pressemitteilung des SMF vom 14.12.2017).
Die sächsischen Finanzämter werden deshalb in der Zeit vom 21. Dezember bis einschließlich Neujahr von Außenprüfungen und Vollstreckungsmaßnahmen absehen.
Auf den „Weihnachtsfrieden“ verlassen sollte man sich allerdings nicht. Vollstreckungs- und ähnliche Maßnahmen sind ausnahmsweise zulässig,
wenn durch die Zurückhaltung ein endgültiger Steuerausfall (z. B. wegen Verjährung) drohen würde.
Trotz des verkündeten „Weihnachtsfriedens“ sollten daher die auch sonst erforderlichen Rechtsbehelfe (Einspruch mit Antrag auf Aussetzung der Vollziehung – AdV, Antrag auf Stundung, Vollstreckungsaufschub o. ä.) ergriffen werden, um Vollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden. Oder die Steuern erst einmal pünktlich bezahlen, wenn die Steuersumme aufgetrieben werden kann. Streiten kann man hinterher immer noch und bekommt im Erfolgsfall die Steuern später mit Zinsen zurück gezahlt.
Das ist der sicherste Weg.
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Streit um Sicherheitszuschlag: Verständigung vor dem Finanzgericht von 15 auf 5 %
Bei einem Mandanten fand eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer bemängelte u. a. die Kassenführung und schätzte einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 15 % der Umsätze hinzu. Das Finanzamt hielt auch im Einspruchsverfahren an dem Zuschlag fest.
Ich habe den Mandanten vor dem Finanzgericht vertreten. In der mündlichen Verhandlung gelang jetzt eine Verständigung auf einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 5 %. Im Ergebnis hat der Mandant dadurch ca. 50.000 Euro gespart.
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Begünstigung durch unzulässige Rückstellungen? Steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Steuerberater eingestellt
Gegen meinen Mandanten (Steuerberater) wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Vorwurf: In einer Betriebsprüfung soll der Steuerberater zugunsten seines eigenen Mandanten falsche Angaben gegenüber dem Finanzamt gemacht haben, um dem Mandanten Steuervorteile aus dessen Steuerhinterziehung zu sichern. Strafbar als Begünstigung gemäß § 257 StGB (gemäß § 369 Abs. 1 Nr. 4 AO insoweit eine Steuerstraftat). Es ging dabei um Rückstellungen, die nach Auffassung des Betriebsprüfers zu Unrecht gebildet wurden.
Ich verteidigte den Steuerberater im Ermittlungsverfahren. Im Ergebnis wurde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht eingestellt.
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Haftung im Steuerrecht: Neues Projekt steuerhaft.de
Unter meiner neuen Website www.steuerhaft.de biete ich speziell zu den Themen „Haftung im Steuerrecht“ und „Abwehr von Haftungsbescheiden“ Hintergrundinformationen und Informationen zu aktuellen Entwicklungen an.
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Nach strafrechtlicher Verurteilung eines Steuerberaters grundsätzlich keine zusätzliche berufsrechtliche Ahndung
Gegen einen Steuerberater, der strafrechtlich verurteilt wurde, ist eine zusätzliche berufsrechtliche Ahndung wegen der gleichen Tat nur ausnahmsweise zulässig (OLG Celle, Urteil vom 06.02.2017, Az. 1 StO 1/16). Das ergibt sich aus § 92 StBerG.
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Steuerstrafverfahren gegen Steuerberater: Nur leichtfertige Steuerverkürzung statt Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Ich verteidigte einen Steuerberater, dem vorgeworfen wurde, er habe für seine ehemalige Mandantin mehrere Umsatzsteuervoranmeldungen mit – zu niedrig – geschätzten Umsätzen beim Finanzamt eingereicht und dadurch Steuern zu ihren Gunsten verkürzt. Erstinstanzlich wurde der Steuerberater wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. In der Berufung blieb lediglich eine leichtfertiger Steuerverkürzung (Ordnungswidrigkeit) an ihm „hängen.“
Vorgeschichte
Bei der ehemaligen Mandantin des Steuerberaters handelte es sich um einen „Selbstbucher.“ Der Auftrag des Steuerberaters beschränkte sich auf die reine Erstellung und Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen (keine Buchführung). Die in den Umsatzsteuervoranmeldungen enthaltenen Schätzungen waren deutlich zu niedrig. Statt der geschätzten Umsätze von ca. 15.000 € fielen monatlich ca. 72.000 € bis 127.000 € Umsätze an.
Später gab dann die Mandantin – zwischenzeitlich über einen neuen Steuerberater – eine Selbstanzeige in Form berichtigter Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Mandantin konnte jedoch die Steuernachforderungen nicht zahlen, so dass ihre Selbstanzeige unwirksam war. Im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen die Mandantin behauptete diese, dass ihr vormaliger Steuerberater – also mein Mandant – ihr „die Umsätze wohl geschätzt“ habe.
Amtsgericht Leipzig: Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Das führte zu einem Ermittlungsverfahren und einer Anklage gegen den Steuerberater. Er verteidigte sich damit, dass er zwar gewusst habe, dass die Umsätze geschätzt waren. Die Schätzungen stammte jedoch von seiner ehemaligen Mandantin und sie seien ihm bzw. seinem Kanzleipersonal telefonisch „zugerufen“ worden. Er habe darauf vertraut, dass die Schätzungen korrekt seien.
Die Staatsanwaltschaft war der Auffassung, dass täterschaftliche Steuerhinterziehung meines Mandanten vorliege, weil er selbst die Schätzungen erstellt habe. Das Amtsgericht ging demgegenüber zwar davon aus, dass die ehemalige Mandantin geschätzt habe. Täterschaft komme daher nicht in Betracht. Gleichwohl habe er die Tat seiner ehemaligen Mandantin gefördert und habe auch billigend in Kauf genommen, dass die Schätzungen zu niedrig seien. Er wurde daher wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Landgericht Leipzig: Aufhebung und Verurteilung nur wegen leichtfertiger Steuerverkürzung
Das Landgericht Leipzig (Urteil vom 16.10.2017, Az. 15 Ns 202 Js 49069/15) hob das Amtsgerichtsurteil auf. Es verneinte unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH zum „berufstypischen Verhalten“ den Beihilfevorsatz. Bei meinem Mandanten blieb lediglich eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) – keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit – mit einer Geldbuße „hängen.“
Die Staatsanwaltschaft legte zwar Revision ein, nahm diese aber zwischenzeitlich zurück. Damit ist das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen.
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Steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Steuerberater gemäß § 153a StPO eingestellt
Gegen meinen Mandanten (Steuerberater) wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es bestand der Verdacht, er habe zugunsten seines eigenen Mandanten Vorsteuer gebucht und im Wege des Vorsteuerabzugs geltend gemacht, obwohl die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht vorlagen. Im Streitfall fehlte die offen ausgewiesene Umsatzsteuer in der Eingangsrechnung des Mandanten. Das Ermittlungsverfahren wurde jetzt gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
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Bundesfinanzhof: Pfändung einer Internet-Domain zulässig
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied mit Urteil vom 20.06.2017, Aktenzeichen: VII R 27/15, dass das Finanzamt auch Internet-Domains pfänden dürfe. Genauer: Pfändung aller zwischen dem Domaininhaber und der jeweiligen Vergabestelle (z. B. DENIC) bestehenden schuldrechtlichen Ansprüche. Die Vergabestelle sei Drittschuldner im Sinne der Abgabenordnung und müsse daher auch Drittschuldnererklärungen abgeben.
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Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht: Zwischen GmbH und Geschäftsführer unterscheiden
Entbindet der Insolvenzverwalter den (ehemaligen) Steuerberater einer GmbH von seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht, so wirkt diese Entbindung nicht zugleich auch für die formellen oder faktischen Geschäftsführer der GmbH, wenn diese ebenfalls Mandanten des Steuerberaters waren. Das entschied das OLG Zweibrücken (Beschluss vom 08.12.2016, Aktenzeichen: 1 Ws 334/16) auf die Beschwerde eines Steuerberaters.
Der Steuerberater war in einem Steuerstrafverfahren gegen den formuellen und den faktischen Geschäftsführer einer GmbH als Zeuge geladen und durch den Insolvenzverwalter der GmbH von seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht entbunden worden. Eine direkte Entbindung durch den formellen oder den faktischen Geschäftsführer lag jedoch nicht vor. Gleichwohl sollte der Steuerberater als Zeuge vernommen werden. Die Vorinstanz (LG) ordnete gegen den Steuerberater, der sich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berief, ein Ordnungsgeld und Erzwingungshaft an. Das LG war der Auffassung, dass die Entbindung durch den Insolvenzverwalter genüge. Zu Unrecht, wie das OLG entschied.