Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Category: Einkommensteuer

  • Benennungsverlangen gemäß § 160 AO bei ausländischen Zahlungsempfängern unzulässig

    Bei Zahlungen ins Ausland, die der Steuerpflichtige als Betriebsausgaben geltend machen will, sieht das Finanzamt, insbesondere die Betriebsprüfung, normalerweise genauer hin und will den konkreten Empfänger genannt haben. Erfüllt der Steuerpflichtige ein Benennungsverlangen nicht oder – nach Meinung des Finanzamtes – nicht ausreichend, dann kommt das Finanzamt mit der Keule des § 160 AO.

    Gemäß § 160 Abs. 1 AO sind

    „Schulden und andere Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten und andere Ausgaben … steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder die Empfänger genau zu benennen. Das Recht der Finanzbehörde, den Sachverhalt zu ermitteln, bleibt unberührt.“

    Im Ergebnis werden die Betriebsausgaben dann nicht anerkannt.

    Dabei wird häufiger – bewusst oder unbewusst – folgendes übersehen: Ein Benennungsverlangen setzt voraus, dass die Vermutung nahe liegt, dass der Empfänger den Bezug nicht der deutschen Besteuerung unterwirft. Ein Benennungsverlangen ist daher nach der Rechtsprechung unzulässig, wenn der Empfänger in Deutschland gar nicht steuerpflichtig ist (Rüsken in Klein, AO, § 160 Rn. 6 m. w. N. zur BFH-Rechtsprechung). Bei Zahlungen an ausländische Empfänger soll auch nach der Verwaltungsauffassung grundsätzlich auf ein Benennungsverlangen verzichtet werden (Anwendungserlass zur Abgabenordnung – AEAO zu § 160 Nr. 4).

    Im AEAO zu § 160 Nr. 4 heißt es:

    „Bei Zahlungen an ausländische Empfänger soll das Finanzamt – soweit keine Anhaltspunkte für eine straf- oder bußgeldbewehrte Vorteilszuwendung vorliegen – auf den Empfängernachweis nach § 160 AO verzichten, wenn feststeht, dass die Zahlung im Rahmen eines üblichen Handelsgeschäfts erfolgte, der Geldbetrag ins Ausland abgeflossen ist und der Empfänger nicht der deutschen Steuerpflicht unterliegt. Hierzu ist der Empfänger in dem Umfang zu bezeichnen, dass dessen Steuerpflicht im Inland mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Die bloße Möglichkeit einer im Inland nicht bestehenden Steuerpflicht reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 13.3.1985, I R 7/81, BStBl. 1986 II S. 318). In geeigneten Fällen ist eine Erklärung der mit dem Geschäft betrauten Personen sowie des verantwortlichen Organs des Unternehmens zu verlangen, dass ihnen keine Umstände bekannt sind, die für einen Rückfluss der Zuwendung an einen inländischen Empfänger sprechen. Die Zulässigkeit der Mitteilung von Erkenntnissen deutscher Finanzbehörden im Rahmen des § 117 AO bleibt hiervon unberührt.“

    Streit entbrennt in der Praxis dann regelmäßig darüber, was ein „übliches Handelsgeschäft“ im Sinne dieser Vorschrift ist.

  • vGA oder nicht vGA

    Das FG Berlin-Brandenburg, 24.04.2017, 10 V 1044/17, entschied, dass es keine rechtliche Bindung gebe zwischen der Beurteilung einer vGA auf der Ebene der Gesellschaft und auf der Ebene des Anteilseigners.

  • Sanierungskosten vor dem Finanzgericht

    Fairer Prozess heute am Sächsischen Finanzgericht. Es wurde darüber gestritten, in welcher Höhe begünstigte Sanierungsaufwendungen anzuerkennen sind. Mit meiner Rechtsauffassung kam ich zwar nicht durch. Allerdings überraschte der Vorsitzende – zugunsten meines Mandanten – mit einer alternativen Berechnung der Sanierungsaufwendungen. Ich war genauso verblüfft wie der Vertreter des Finanzamtes. Im Ergebnis gewann der Mandant im Verhältnis 70:30. Besser als erhofft.

  • Zuschätzung bei GmbH nicht automatisch verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter

    In einem Verfahren vor dem Finanzgericht auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) war u. a. die Frage streitig, ob eine Zuschätzung bei einer GmbH zugleich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) beim Gesellschafter führt.

    Betriebsprüfung bei GmbH: 15%iger Sicherheitszuschlag

    Nach einer Betriebsprüfung bei der GmbH war das Finanzamt der Meinung, dass die Buchführung der GmbH nicht ordnungsgemäß sei. Es liege (angeblich) ein Verstoß gegen die Einzelaufzeichnungspflicht vor. Deshalb schätzte der Prüfer pauschal („griffweise“) 15 % der erklärten Einnahmen bei der GmbH hinzu.

    Streitpunkt: vGA beim Gesellschafter?

    Neben Änderungsbescheiden für die GmbH erließ das Finanzamt auch Änderungsbescheide zu den Einkommensteuerbescheiden des GmbH-Gesellschafters (= mein Mandant). Darin setzte das Finanzamt – in Höhe der Zuschätzung bei der GmbH – beim Gesellschafter vGA an. Einspruch und AdV-Antrag vor dem Finanzamt waren erfolglos.

    Finanzgericht gewährt AdV

    Ich erhob für meinen Mandanten Klage zum Sächsischen Finanzgericht und beantragte dort auch AdV. Das Gericht bestätigte im AdV-Verfahren meine Auffassung, dass die bloße Zuschätzung des Sicherheitszuschlags bei der GmbH nicht ohne weiteres zu einer vGA beim Gesellschafter führen könne (SächsFG, 02.11.2017, Az. 5 V 1515/17). Insoweit setzte das Gericht die Vollziehung der angefochtenen Bescheide bis zum Abschluss des Klageverfahrens aus.

    Ausgang des Klageverfahrens

    Im Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) des Gesellschafters gab dann das Finanzamt nach und half auf Basis des AdV-Beschlusses ab. D. h., der Sicherheitszuschlag bei der GmbH führte im Ergebnis tatsächlich nicht zu einer vGA beim Gesellschafter. Das Klageverfahren wurde für erledigt erklärt.

    Hinweis: Der AdV-Beschluss ist (wohl) nicht veröffentlicht. Es besteht die Möglichkeit, beim Sächsischen Finanzgericht unter Angabe des Aktenzeichens eine anonymisierte Version abzufordern.

  • Flugzeugingenieure nach wie vor im Visier der Steuerfahndung

    Es geht um ausländische Flugzeugingenieure, die als „Freelancer“ am Flughafen Leipzig/Halle (Schkeuditz) Transportflugzeuge warten. Meinen ersten Fall hatte ich bereits 2012, aber noch immer kommen neue Mandanten damit zu mir.

    Die Betroffenen haben im Wesentlichen die gleichen (drei) Probleme:

    (1) In ihrem „Freelancer Contract“ steht ein niedrigerer als der tatsächlich gezahlte Stundensatz, die Einnahmen waren also tatsächlich höher als auf dem Papier. Die Differenz wurde nicht versteuert. Das Finanzamt fordert für viele Jahre rückwirkend Einkommensteuer nach. Dagegen lässt sich meist nicht wirklich etwas einwenden. Allerdings ist die Festsetzungsverjährung genau zu prüfen.

    (2) Die Betroffenen haben ursprünglich steuerfreie Umsätze (§§ 4 Nr. 2; 8 Abs. 2 UStG) erklärt. Das Finanzamt schwenkt Jahre später um und ist jetzt der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht vorliegen. Daher wird auch Umsatzsteuer nachgefordert. Hierüber kann und sollte man streiten, zumal es dazu neuere EuGH-Rechtsprechung und ein aktuelles BMF-Schreiben gibt. – Zuvor ist jedoch die grundlegende Frage zu untersuchen, ob die „Freelancer“ tatsächlich Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts oder nicht vielmehr abhängig Beschäftigte sind.

    (3) Im Vorfeld wird meist ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet (Verdacht der Hinterziehung von Einkommen- und Umsatzsteuer). Solche Strafverfahren konnte ich bisher für meine Mandanten durch Einstellung gemäß § 153 StPO oder § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage erledigen.

  • Steuererklärungspflicht und Anlaufhemmung bei Verlustfeststellung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit Urteil vom 30.03.2017, VI R 43/15, grundlegend zur Steuererklärungspflicht gemäß §§ 25 Abs. 3 S. 1 EStG i. V. m. § 56 S. 2 EStG geäußert.

    Danach ist eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wenn zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein verbleibender Verlustabzug festgestellt worden ist. In diesem Fall gelte die Anlaufhemmung aus § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO, was Einfluss auf den Beginn der Festsetzungsfrist hat. Der BFH hat dabei klar gestellt, dass die Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung nur für den unmittelbar auf den festgestellten Verlustabzug folgenden Veranlagungszeitraum gilt.

    Auf diese Weise kann man ggf. bisher nicht geltend gemachte Verluste retten und das Finanzamt dazu zwingen, eine Einkommensteuerveranlagung für das der Verlustfeststellung folgende Jahr durchzuführen.

    BFH v. 30.03.2017, VI R 43/15

  • FG Hamburg zu Aufzeichnungspflichten bei Eigenprostitution

    Auch bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinns aus Eigenprostitution durch Einnahme-Überschussrechnung ist eine Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle erforderlich. Belege über die Betriebseinnahmen und -ausgaben sind aufzubewahren. Anderenfalls ist eine Schätzung zulässig. Die Führung eines Kassenbuchs ist dem gegenüber nicht erforderlich. Das entschied das Finanzgericht Hamburg mit Urteil vom 16.11.2016, Az. 2 K 110/15.

    Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 16.11.2016, Az. 2 K 110/15

  • Steuerverkürzung: Steuervorauszahlungen und Kompensationsverbot

    Bei der Berechnung einer Steuerverkürzung im Sinne von § 370 Abs. 4 S. 1 AO taucht die Frage auf, ob Steuervorauszahlungen zu berücksichtigen (anzurechnen) sind oder ob diese dem so genannten Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 S. 3 AO) unterliegen und daher unberücksichtigt bleiben müssen.

    Rechtsprechung existiert hierzu – wie es scheint – nicht. In der steuerstrafrechtlichen Literatur (Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 Rn. 527; Simon/Wagner, Steuerstrafrecht, S. 73) wird jedoch die Auffassung vertreten, dass für die Anrechnung von ESt-Vorauszahlungen gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG das Kompensationsverbot nicht eingreift, die Vorauszahlungen also bei der Verkürzungsberechnung zu berücksichtigen sind.

    Gleiches dürfte dann aber auch für die KSt- und die GewSt-Vorauszahlungen gelten. Für die Anrechnung von KSt-Vorauszahlungen auf die KSt-Schuld verweist § 31 Abs. 1 S. 1 KStG auf § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Für die GewSt-Vorauszahlungen ist in § 20 Abs. 1 GewStG eine vergleichbare zwingende Anrechnung der GewSt-Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuerschuld vorgesehen.

  • Vortrag zur Scheinselbständigkeit aus steuer(straf)rechtlicher Sicht

    Am 08.06.2017 hielt ich einen Vortrag zum Thema „Scheinselbständigkeit aus steuer(straf)rechtlicher Sicht.“ Zunächst erörterte ich die Abgrenzungskriterien zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit im Steuerrecht. Danach ging ich auf die Folgen (nachträglich festgestellter) Scheinselbständigkeit bei der Einkommensteuer/Lohnsteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer ein.

    Der Vortrag fand im Rahmen einer gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung der Fachkreise Arbeitsrecht und Steuerrecht (Leipziger Anwaltverein) sowie des Netzwerkes sozialrechtlich tätiger und interessierter Rechtsanwälte in der Region Leipzig statt.

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  • Steuerhinterziehung: Hinterziehungszinsen auch auf hinterzogenen Solidaritätszuschlag

    Im Fall einer Steuerhinterziehung sind die hinterzogenen Steuern zu verzinsen. Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 06.05.2015, Az. 9 V 9107/14, bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass Hinterziehungszinsen nicht nur auf die hinterzogene Einkommensteuer, sondern auch auf den hinterzogenen Solidaritätszuschlag anfallen. Einen dagegen gerichteten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wies das Finanzgericht ab.

  • Vortrag zu geldwerten Leistungen

    Am 03.03.2016 hielt ich einen Vortrag zum Thema “Gewährung von über die ‘Grundvergütung’ hinausgehenden Vergütungen/geldwerten Leistungen – durch die steuerrechtliche Brille betrachtet”.

    Der Vortrag war Teil einer Fortbildungsveranstaltung der Fachkreise Arbeitsrecht und Steuerrecht (Leipziger Anwaltverein) sowie des Netzwerkes sozialrechtlich tätiger und interessierter Rechtsanwälte in der Region Leipzig.

  • Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer

    Wiese und Lukas vertreten in einem aktuellen Aufsatz mit dem Titel „Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer – Zuständigkeit der Finanzämter für Billigkeitsmaßnahmen nach § 184 AO idF ZKAnpG – Zugleich Anmerkungen zur Kurzinformation der OFD NRW v. 6.2.2015“ (DStR 2015, 1222), die Auffassung, dass auch im Bereich der Gewerbesteuer die Finanzämter – und nicht die Gemeinden – für Billigkeitsmaßnahmen auf Basis des sog. Sanierungserlasses zuständig sind.

    Derzeit ist aber ohnehin fraglich, ob der sog. Sanierungserlass „hält“.

    Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht

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