Steuerhinterziehung durch Unterlassen: Pflichtwidrigkeit als besonderes persönliches Merkmal

Im Fall einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung richtet sich die Strafe des Gehilfen zwar nach der Strafdrohung für den (Haupt-)Täter der Steuerhinterziehung (§ 27 Abs. 2 S. 1 StGB). Die Strafe des Gehilfen ist aber zwingend gemäß § 27 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern.

Unter Änderung seiner Rechtsprechung entschied der BGH (23.10.2018, 1 StR 454/17), dass die steuerrechtliche Erklärungspflicht i. S. v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges Unterlassen) ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmal i. S. v. § 28 Abs. 1 StGB darstellt. Somit ist die Strafe des Gehilfen, bei dem dieses besondere persönliche Merkmal fehlt, nach § 27 Abs. 2 S. 2 und – zusätzlich! – nach § 28 Abs. 1 StGB (jeweils i. V. m. § 49 Abs. 1 StGB) zu mildern.

Beispiel: BGH, 23.10.2018, 1 StR 454/17 (vereinfacht)

Der Angeklagte unterstützte eine international agierende Tätergruppe, die unter Hinterziehung der Biersteuer Bier von Frankreich nach Großbritannien lieferte. Die französischen Steuerbehörden wurden (von den Haupttätern) nicht darüber unterrichtet, dass das Bier tatsächlich nach Großbritannien versandt worden war. Dadurch wurden ca. 21,5 Mio. € (französische) Biersteuer verkürzt. Eine eigene Erklärungspflicht des Angeklagten wurde nicht festgestellt.

Der BGH hielt den Schuldspruch, hob aber den Strafausspruch auf. Das Landgericht habe „die Strafe für den Angeklagten dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO entnommen, ohne die weitere in § 28 Abs. 1 StGB zwingend vorgesehene Strafrahmenverschiebung in Betracht zu ziehen. … Gemäß § 28 Abs. 1 StGB ist indes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, wenn bei dem Teilnehmer besondere persönliche Merkmale fehlen, welche die Strafbarkeit des Täters begründen. Die Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist – insoweit ändert der Senat seine Rechtsprechung – ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmal nach § 28 Abs. 1 StGB.“

 

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