Offenlegung der Besteuerungsunterlagen – Finanzamt gewährt Aussetzung der Vollziehung

Aus § 364 AO hat der Steuerpflichtige im Einspruchsverfahren einen Anspruch auf Offenlegung der Besteuerungsunterlagen. Das kann streitentscheidend sein, so auch in einem aktuellen Fall:

Das Finanzamt wirft meinem Mandanten vor, er habe in den Jahren 2014 und 2015 Provisionen erzielt, die er nicht versteuert habe. Dabei beruft sich das Finanzamt auf eine Kontrollmitteilung eines anderen Finanzamtes über die Zahlung der Provisionen. Im Einspruchsverfahren lehnte das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) mehrmals ab und weigerte sich, das Kontrollmaterial vorzulegen.

Ohne jede Begründung hieß es zunächst: „Eine Übersendung von Unterlagen aus der Steuerakte ist nicht möglich. … Das Mitteilungsgebot umfasst jedoch nicht die Zusendung von Belegen und Unterlagen.“

Das ist Unsinn. Nachdem ich (nochmals) den Antrag nach § 364 AO (Offenlegung der Besteuerungsunterlagen) stellte und (nochmals) auf die dazu ergangene Rechtsprechung verwies, übersandte das Finanzamt jetzt doch das Kontrollmaterial (Provisionsabrechnungen und Barzahlungs-Quittungen) in Kopie und gewährte zudem die beantragte AdV. Geht doch.

► Praxis-Tipp

 

Im Einspruchsverfahren gegen Steuer- und Haftungsbescheide – speziell beim Kampf um die Aussetzung der Vollziehung – ist § 364 AO DER „freundliche kleine Streithelfer“ (Olgemöller, Stbg 2007, 574). Häufig ist der Sachverhalt noch nicht ausermittelt oder das Finanzamt legt Unterlagen nicht vor, auf die aber im Bescheid verwiesen wird (z. B. Feststellungen der Steuerfahndung, Kontrollmitteilungen, Zeugenaussagen). Dann sollte der Antrag nach § 364 AO gestellt und der ggf. erforderliche AdV-Antrag mit dessen Nichterfüllung durch das FA begründet werden.

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