Keine Vertagung einer mündlichen Verhandlung, wenn Hinweis schon vorher erteilt wurde

Im Klageverfahren vor dem Finanzgericht findet grundsätzlich nur ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt und im Normalfall wird die Sache noch am selben Tag entschieden (vgl. § 104 FGO). Die beispielsweise im Zivilprozess üblichen Schriftsatzfristen, innerhalb derer man auch noch nach der mündlichen Verhandlung Argumente vorbringen kann, gibt es im Finanzgerichtsprozess nicht.

In bestimmten Fällen – „aus erheblichen Gründen“, wie es in § 227 Abs. 1 ZPO heißt (§ 155 FGO verweist auf diese Vorschrift) – ist jedoch eine mündliche Verhandlung zu vertagen. Das betont der Bundesfinanzhof (BFH) in einer aktuellen Entscheidung.

„Weist das FG in der mündlichen Verhandlung auf rechtliche Überlegungen hin, die angesichts des bisherigen Verfahrensablaufs überraschend sind, muss es den Beteiligten Gelegenheit geben, sich dazu äußern zu können. Ist eine Stellungnahme noch innerhalb der mündlichen Verhandlung nicht möglich, ist zu vertagen, wenn der Beteiligte einen entsprechenden Antrag stellt … Es ist im Rahmen seiner Ermessensentscheidung insbesondere dann zur Vertagung verpflichtet, wenn die Entscheidung nur aufgrund tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte erfolgen könnte, zu denen den Beteiligten bisher kein rechtliches Gehör gewährt worden war …“

Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall aber nicht vor, weil der Berichterstatter dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits vor dem Termin einen schriftlichen rechtlichen Hinweis gab und diesen rechtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung lediglich wiederholte. Daher war der rechtliche Hinweis nicht überraschend, vielmehr habe sich der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter darauf einstellen können und müssen.

BFH, 04.05.2021, VIII B 97/20