Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Category: Kanzleialltag

  • Steuerstrafverfahren gegen China-Restaurant-Inhaber gemäß § 153 StPO eingestellt

    Gegen den Inhaber eines China-Restaurants wurde 2013 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, das jetzt sein erfreuliches Ende fand.

    Ausgangspunkt: Betriebsprüfung mit Zuschätzung

    Ausgangspunkt und Anlass der Ermittlungen war eine Betriebsprüfung für die Jahre 2005 bis 2007. Die Prüferin hatte laut Prüfungsbericht festgestellt, dass private Kosten für Zigaretten (es ging um ca. 1.000 bis 2.000 € pro Jahr) zu Unrecht als Wareneinkauf verbucht wurden. Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug seien insoweit zu Unrecht erfolgt. Des Weiteren habe eine durchgeführte Nachkalkulation zu erheblichen Differenzen zu den bisher erklärten Umsätzen geführt (Zuschätzung von 20.000 bis 30.000 € pro Jahr).

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  • Steuerberater bestreitet wider besseres Wissen den Zugang einer Einspruchsentscheidung

    Ein Mandant kam Anfang 2016 zu mir in die Beratung und legte eine Einspruchsentscheidung für die Jahre 2002-2004 vor. Die Einspruchsentscheidung datierte auf Ende 2012 (!). Er wolle dagegen Klage zum Finanzgericht erheben.

    Drei Jahre alte Einspruchsentscheidung

    Auf meine Frage, warum er denn erst jetzt – mehr als drei Jahre später – damit komme, teilte er folgendes mit: Im Rahmen einer aktuellen Betriebsprüfung habe der Prüfer auf die 2012er Einspruchsentscheidung verwiesen. Diese Einspruchsentscheidung sei dem Mandanten aber unbekannt gewesen. Auch sein Steuerberater habe die Einspruchsentscheidung nicht erhalten. Daher habe der Steuerberater eine Kopie der Einspruchsentscheidung beim Finanzamt angefordert, die Einspruchsentscheidung von dort erhalten und an den Mandanten Anfang 2016 weitergeleitet.

    Klageerhebung und Akteneinsicht

    Ich erhob für den Mandanten Klage zum Finanzgericht und beantragte Akteneinsicht. Das beklagte Finanzamt teilte mit, es könne keine Akten vorlegen, denn diese seien aufgrund des Ablaufs der Festsetzungsfrist bereits vernichtet worden. Daher habe das Finanzamt die Einspruchsentscheidung auch nicht Anfang 2016 an den Steuerberater übermitteln können. Der Vortrag sei insoweit also falsch.

    Steuerberater leugnet Erhalt der Einspruchsentscheidung

    Der Steuerberater, vom Mandanten ins Gebet genommen, beichtete ihm, dass er die Einspruchsentscheidung tatsächlich schon in 2012 erhalten habe. Versehentlich habe er diese aber nicht an den Mandanten weitergeleitet, sondern abgeheftet. Als die Betriebsprüfung auf die Einspruchsentscheidung zu sprechen kam, sei ihm das aufgefallen. Da ihm die Sache peinlich gewesen sei, habe er dem Mandanten gegenüber so getan, als habe er die Einspruchsentscheidung beim Finanzamt angefordert und von dort erhalten. Er, der Steuerberater, sei doch nicht davon ausgegangen, dass der Mandant klagen werde …

    Ich konnte dem Mandanten nur raten, die Klage zurückzunehmen, was auch geschah.

  • BuStra stellt Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit gemäß § 398 AO ein

    Gegen einen Mandanten wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eröffnet. Der Vorwurf: Als Geschäftsführer einer GmbH habe er durch unrichtige Angaben in den Lohnsteueranmeldungen Lohnsteuer in Höhe von 1.059,39 € verkürzt. Das Ermittlungsverfahren wurde von der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) wegen Geringfügigkeit gemäß § 398 AO eingestellt.

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  • Konsequente Spezialisierung – Mandatsstruktur 2015

    Der hohe Spezialisierungsgrad meiner Kanzlei wird an der Mandatsstruktur deutlich. Von den Mandaten, die ich im Jahr 2015 neu angenommen habe, entfielen

    Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht

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  • Weihnachtsferien

    Meine Kanzlei ist ab 04.01.2016 wieder geöffnet.

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  • Umsatzsteuergesetz nichtig?

    Hin und wieder wird von Mandanten gefragt, ob aufgrund eines Verstoßes gegen das im Grundgesetz enthaltene Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG) das Umsatzsteuergesetz insgesamt und insbesondere die Anhebung des Umsatzsteuersatzes von 16 auf 19 % im Jahr 2007 nichtig sei. Hierzu hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) bereits in mehreren Entscheidungen geäußert und eine Gesamtnichtigkeit des Umsatzsteuergesetzes verneint (BFH v. 27.02.2014, V B 12/14; BFH v. 18.05.2011, VII B 195/10; BFH, 16.12.2009, V B 23/08; BFH, 12.03.2009, XI B 23, 24/08, XI B 23/08, XI B 24/08).

    Fazit: Einspruchs- oder Klageverfahren gegen Umsatzsteuerbescheide mit dem alleinigen Argument, das Umsatzsteuergesetz sei aufgrund eines Verstoßes gegen das Zitiergebot nichtig, haben keine Aussicht auf Erfolg.

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  • Konsequente Spezialisierung – Mandatsstruktur 2014

    Der hohe Spezialisierungsgrad meiner Kanzlei wird an der Mandatsstruktur deutlich. Von den Mandaten, die ich im Jahr 2014 neu angenommen habe, entfielen

    Für 2015 zeichnet sich (vorläufig) folgende Tendenz bei den Neumandaten ab:

    • 62 % Steuerstreit,
    • 27 % Steuerstrafverteidigung und Selbstanzeigeberatung sowie
    • 11 % sonstige Rechtsgebiete.

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    • Bundesverfassungsgericht: Rechtsbehelf gegen Durchsuchungsanordnung gemäß § 287 AO muss möglich sein

      An dieser Stelle berichte ich von einem Fall aus meiner Praxis, in dem meinem Mandanten vom Landgericht Leipzig jeglicher Rechtsschutz gegen eine vom Finanzamt vorgenommene Wohnungsdurchsuchung verweigert wurde. Erst eine Lektion des Bundesverfassungsgerichts zur Bedeutung und Auslegung der Grundrechte führte dazu, dass das Verfahren jetzt neu aufgerollt wird.

      Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts

      Das Finanzamt beantragte gemäß § 287 Abs. 4 AO beim Amtsgericht Leipzig eine Wohnungsdurchsuchung bei meinem Mandanten wegen vollstreckbarer Steuerforderungen. Die Durchsuchung bei meinem Mandanten fand auch statt. Gegen die Durchsuchungsanordnung legte ich für meinen Mandanten Erinnerung, hilfsweise sofortige Beschwerde ein und beantragte festzustellen, dass die Anordnung der Wohnungsdurchsuchung rechtswidrig gewesen sei. Nach meiner Auffassung war der Antrag des Finanzamtes und darauf basierend die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts formell fehlerhaft. Das Amtsgericht behandelte den Rechtsbehelf als sofortige Beschwerde, half dieser allerdings nicht ab, sondern legte die Sache dem Landgericht Leipzig vor.

      Landgericht Leipzig verwarf sofortige Beschwerde als unzulässig

      Das Landgericht Leipzig gab mir in der Sache sogar Recht, verwarf die sofortige Beschwerde jedoch als unzulässig. Meinem Mandanten stehe gegen die Erteilung der Durchsuchungsanordnung kein Rechtsmittel zu. Diese sei für ihn nicht anfechtbar. § 793 ZPO finde auf die vorbereitende Anordnung keine Anwendung. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung sei auch für die Erinnerung nach § 766 ZPO kein Raum. Es bestehe auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung der Durchsuchungsanordnung.

      Verfassungsbeschwerde erfolgreich

      Gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig legte ich für meinen Mandanten Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ein. Die Verfassungs-beschwerde hatte Erfolg (BVerfG, Beschluss vom 16.07.2015, Az. 1 BvR 625/15). Der Beschluss des Landgerichts Leipzig verletze meinen Mandanten in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG. Ein Rechtsschutzinteresse sei

      „… in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Effektiver Grundrechtsschutz gebietet es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden – wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden – Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht geht dementsprechend in solchen Fällen bei der Verfassungsbeschwerde in ständiger Rechtsprechung vom Fortbestand eines Rechtsschutzinteresses aus … Zu der Fallgruppe tief greifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, gehört die Wohnungsdurchsuchung aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung …“

      Gemessen daran habe das Landgericht den Anspruch meines Mandanten auf effektiven Rechtsschutz verletzt, indem es die Beschwerde als unzulässig verworfen hat.

      „Dass effektiver Rechtsschutz zumindest in der Form nachträglicher gerichtlicher Kontrolle gegen die Gestattung eines so gravierenden Grundrechtseingriffs, wie ihn die Durchsuchung von Geschäfts- und Wohnräumen darstellt, eröffnet sein muss, ist unabweisbar. … Steht wie im Fall der richterlichen Durchsuchungsanordnung in Streit, welcher von mehreren nach der geltenden Rechtslage in Frage kommenden Rechtsbehelfen statthaft ist, ist dies zunächst eine Frage der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts …

      Das Landgericht hat jedoch die Bedeutung und Tragweite der Rechtsschutzgarantie verkannt, indem es den Bestimmungen über die Erinnerung (§ 766 ZPO) und die sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) mit der Erwägung, weder der eine noch der andere Rechtsbehelf finde auf die Durchsuchungsanordnung als eine die Zwangsvollstreckung vorbereitende Maßnahme Anwendung, eine Deutung gegeben hat, die dem von einer Durchsuchungsanordnung Betroffenen jegliche Rechtschutzmöglichkeit nimmt. … Unabhängig hiervon hat das Landgericht die Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dadurch verletzt, dass es dem von der Wohnungsdurchsuchung Betroffenen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Überprüfung allein deswegen abgesprochen hat, weil die Durchsuchung bereits abgeschlossen war. Auch dies hat das Bundesverfassungsgericht für Wohnungsdurchsuchungen bereits mehrfach für mit der Garantie effektiven Rechtsschutzes unvereinbar erklärt …“

      Das Bundesverfassungsgericht hob den Beschluss des Landgerichts Leipzig auf und verwies die Sache zur neuen Entscheidung an das Landgericht zurück. Der Freistaat Sachsen hat die Anwaltskosten für das Verfassungsbeschwerde-verfahren zu erstatten.

      „… Das Landgericht wird nun unter Beachtung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes erneut zu entscheiden haben, ob die fristgebundene sofortige Beschwerde oder die unbefristet mögliche Erinnerung gegen die Durchsuchungsanordnung gegeben ist und bei zulässiger Einlegung des Rechtsbehelfs die Anordnung durch das Amtsgericht unter Berücksichtigung des sich aus Art. 13 GG ergebenden materiellen Schutzes in der Sache zu überprüfen haben …“

    • Selbstanzeige: Aufsatz zur Behandlung von „Altfällen“

      Gemeinsam mit Rechtsanwalt Thorsten Franke-Roericht (Frankfurt/Main) habe ich in der Oktoberausgabe der Fachzeitschrift PStR (Praxis Steuerstrafrecht) einen Aufsatz zum Thema „Selbstanzeige: Sperrgrund der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung bei ‚Altfällen’“ veröffentlicht. Ausgangspunkt des Beitrags ist ein aktueller Fall aus meiner Beratungspraxis.

      Rico Deutschendorf | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht

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    • Gesellschafter-Nachhaftung bei Beendigung einer zweigliedrigen GbR: Finanzgericht setzt Vollziehung eines Haftungsbescheides aus

      Haftungsbescheid des Finanzamtes

      Meine Mandantin war – neben ihrem Ehemann – Gesellschafterin einer gewerblich tätigen GbR. Im März 2009 schied meine Mandantin aus der GbR aus und ihr Ehemann führte das Unternehmen als Einzelunternehmen fort. Davon hatte das Finanzamt auch bereits im März 2009 Kenntnis. Erst im November 2014 erließ das Finanzamt gegenüber meiner Mandantin einen Haftungsbescheid. Eine Steuerfahndungsprüfung habe ergeben, dass die GbR dem Finanzamt für die Jahre 2007, 2008 und 2009 noch Umsatzsteuer in Höhe von ca. 100.000 € schulde (Umsatzsteuerbescheide aus Juli 2014). Als Gesellschafterin hafte sie für die Umsatzsteuerschulden der GbR gemäß § 128 HGB (analog) persönlich.

      Einspruch und AdV-Antrag beim Finanzamt

      Gegen den Haftungsbescheid legte ich für meine Mandantin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Ich argumentierte u. a., dass durch die Vorschriften zur Nachhaftung von GbR-Gesellschaftern eine Haftungsinanspruchnahme ausscheide. § 128 HGB könne nicht isoliert betrachtet werden, sondern sei im Zusammenhang mit §§ 736 Abs. 2 BGB, 160 Abs. 1 HGB zu sehen. Hier liege ein Fall der gesetzlich begrenzten Nachhaftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters vor. Scheidet ein Gesellschafter aus einer GbR aus, so haftet er für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn durch Erlass eines Verwaltungsakts geltend gemacht werden (§§ 736 Abs. 2 BGB, 160 Abs. 1 HGB).

      Die Fünf-Jahres-Frist habe daher im März 2009 – mit dem Ausscheiden meiner Mandantin aus der GbR bzw. Kenntnis des Finanzamtes vom Ausscheiden – begonnen. Somit sei die Frist im März 2014 abgelaufen. Der angefochtene Haftungsbescheid sei aber erst im November 2014 und damit nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist erlassen worden. Der Haftungsbescheid sei daher rechtswidrig, eine Nachhaftung meiner Mandantin sei somit ausgeschlossen.

      Das Finanzamt lehnte die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab. Es berief sich dabei auf § 159 HGB und die hierzu ergangene Rechtsprechung. Danach beginne die Fünf-Jahres-Frist erst mit der Fälligkeit der Umsatzsteuerforderungen, also erst im Juli 2014 mit Erlass der Umsatzsteuerbescheide gegenüber der GbR.

      SächsFG setzt Vollziehung aus

      Nunmehr beantragte ich beim SächsFG die Aussetzung der Vollziehung. Das SächsFG setzte die Vollziehung des Haftungsbescheides wie beantragt aus (Beschluss vom 14.07.2015, Az. 3 V 65/15). Nach Auffassung des Gerichts seien die in § 160 HGB genannten Voraussetzungen im Streitfall gegeben.

      „Es bestehen ernstliche Zweifel, ob der Antragstellerin die Berufung auf § 160 HGB versagt ist, weil mit ihrem Ausscheiden aus der GbR die zweigliedrige GbR beendet worden ist. … Eine Berufung auf § 160 HGB soll also auch dann möglich sein, wenn bei Ausscheiden einer zweigliedrigen Gesellschaft Aktiva und Passiva auf den verbleibenden Gesellschafter übergehen …

      Es bestehen auch ernstliche Zweifel, ob § 159 Abs. 3 HGB im Rahmen des § 160 HGB entsprechend anzuwenden ist, wie das Finanzamt … meint. .. Der Senat hat erhebliche Bedanken gegen eine solche analoge Anwendung, denn § 160 Abs. 1 HGB setzt ausdrücklich voraus, dass eine Nachhaftung nur stattfindet, wenn eine Verbindlichkeit der Gesellschaft vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden bzw. der Kenntnis hiervon fällig wird. Angesichts dieser klaren Regelung ist bei summarischer Prüfung daher für eine analoge Anwendung des § 159 Abs. 3 HGB kein Raum. …“

      Das SächsFG legte dem Finanzamt die Kosten des Verfahrens auf. Eine Beschwerde gegen den Beschluss ließ das Gericht nicht zu (§ 128 Abs. 3 S. 1 FGO).

      Update (28.08.2015): Nach Ergehen des FG-Beschlusses nahm das Finanzamt den Haftungsbescheid zurück.

    • Steuerstrafverfahren: Amtsgericht Leipzig lehnt Strafbefehlsantrag ab

      Gegen meinen Mandanten wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Tatvorwurf änderte sich im Laufe des Verfahrens zur Beihilfe zum Bankrott. Später beantragte die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Strafbefehls. Das Amtsgericht lehnte den Erlass des Strafbefehls ab – was nicht oft vorkommt – und verpflichtete die Staatskasse, die Verfahrenskosten zu tragen. Mittels mehrerer Verteidigungsschriften hatte ich für die Ablehnung gekämpft.

      Die Staatsanwaltschaft ließ es dabei bewenden und legte kein Rechtsmittel ein. Das kommt ebenfalls nicht so häufig vor. Ich betrieb im Anschluss für meinen Mandanten das Kostenfestsetzungsverfahren. Die gesetzlichen Kosten für die Verteidigung wurden von der Staatskasse erstattet.

    • Gewerbesteuerschulden einer GbR: Vollstreckung beim Gesellschafter rechtswidrig

      Wenn Finanzämter oder – wie im Streitfall: Städte und Gemeinden – Steuern eintreiben, brauchen Sie dazu keine Erlaubnis eines Gerichts. Der Normalbürger, der bei seinem Schuldner vollstrecken will, benötigt einen gerichtlichen Vollstreckungstitel, z. B. ein Urteil. Dem gegenüber haben die Finanzämter, Städte und Gemeinden das Privileg, sich selbst einen Vollstreckungstitel – einen Steuerbescheid – zu erstellen und diesen auch gleich selbst zu vollstrecken. Dabei kann einiges schief gehen, wie der folgende Fall zeigt.

      Kontenpfändung durch Gemeinde

      Eine neue Mandantin kam zu mir und teilte mit, die Gemeindeverwaltung habe ihre Konten (Privatkonto und Geschäftskonto) gepfändet. Warum genau, wusste sie nicht. Meine Sachverhaltsermittlung ergab, dass wegen Gewerbesteuerschulden für 2007 und 2008 einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) vollstreckt wird. An der GbR war meine Mandantin zu 50 % beteiligt. Die GbR besteht seit 2009 nicht mehr, vielmehr wird sie als Einzelunternehmen fortgeführt.

      Kontaktaufnahme mit der Gemeindeverwaltung

      Ich fragte bei der Gemeindeverwaltung nach. Dort erhielt ich die Auskunft, dass auf Grundlage des Gewerbesteuermessbetragsbescheides des Finanzamtes und des Gewerbesteuerbescheides, beide gerichtet an die GbR, vollstreckt wird. Meine Mandantin hafte doch als Gesellschafterin für diese Steuerschulden.

      Ich entgegnete, dass meine Mandantin aber nicht die GbR, sondern eine natürliche Person sei. Steuerschuldner der Gewerbesteuer sie die GbR und nicht meine Mandantin. Haftung für Steuerschulden sei etwas anderes, als Steuern zu schulden. Daher könne die Gemeinde aus einem Bescheid, der an eine GbR als Steuerschuldner gerichtet ist, nicht gegen den Gesellschafter vollstrecken.

      Außergerichtlich ließ sich die Gemeinde nicht von der Rechtswidrigkeit ihres Vorgehens überzeugen. Daher war es erforderlich, ein Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht zu führen.

      Entscheidung des Verwaltungsgerichts Leipzig

      Das Verwaltungsgericht Leipzig bestätigte mit Beschluss vom 02.06.2015, Az. 6 L 182/15, meine Auffassung, dass die Kontenpfändung rechtswidrig war. Es fehle „am zugrundeliegenden vollstreckbaren Verwaltungsakt gegen die Antragstellerin“ (= meine Mandantin). Schuldnerin der Gewerbesteuer sei die GbR. Gesellschafter der GbR hafteten zwar für die Steuerschulden der GbR. Sie könnten dafür aber nur durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Eine unmittelbare Vollstreckung aus dem Gewerbesteuerbescheid gegenüber der GbR sei unzulässig. Dieser Mangel sei „nicht heilbar und getroffene Vollstreckungsmaßnahmen sind aufzuheben“.

      Zwar habe die Gemeinde im laufenden Gerichtsverfahren einen solchen Haftungsbescheid erlassen (offensichtlich hat man dort dazugelernt, Anm. durch mich). „Die Nachholung der Vollstreckungsvoraussetzung … heilt den Fehler [jedoch] nicht und macht die Vollstreckungsmaßnahme auch nicht nachträglich rechtmäßig“, so das Verwaltungsgericht.

      Das Verwaltungsgericht gab meinem Antrag statt und bürdete der Gemeinde die Kosten des Verfahrens auf. Zwischenzeitlich kam die Gemeinde dem Gerichtsbeschluss nach und hob die Kontenpfändung auf.