Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Tag: Wiederverkäufer

  • Differenzbesteuerung: Wiederverkäufer trägt Beweislast

    Der Bundesfinanzhof (BFH, 11.12.2024, XI R 15/21) hat bestätigt: Wer als Gebrauchtwagenhändler (Wiederverkäufer) die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nutzen will, muss deren Voraussetzungen belegen können.

    Sachverhalt

    Im entschiedenen Fall handelte der Kläger (Wiederverkäufer) mit gebrauchten Autos. Diese kaufte er (angeblich) von Privatpersonen. Auf diese Umsätze wandte der Kläger die Differenzbesteuerung an.

    Gebrauchtwagenhandel (KI-generiert)

    In einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung wurden Unregelmäßigkeiten festgestellt. So waren z. B. in einigen Fällen der jeweilige Verkäufer nicht mit dem letzten eingetragenen Halter des angekauften Autos identisch. Verkaufsvollmachten des letzten Halters konnte der Kläger aber nicht vorlegen.

    Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht (Düsseldorf) lehnten die Differenzbesteuerung ab. Der BFH bestätigte diese Entscheidungen.

    Voraussetzungen der Differenzbesteuerung

    Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung ist u. a., dass für die Vorlieferung (= Ankauf durch den Wiederverkäufer) keine Umsatzsteuer geschuldet wurde. Das ist insbesondere beim Ankauf von Privatpersonen der Fall.

    Die Differenzbesteuerung kann aber auch dann angewandt werden, wenn der Veräußerer ein Unternehmer ist und er seinerseits für die Vorlieferung die Differenzbesteuerung (zu Recht) vorgenommen hat.

    Feststellungslast trägt Wiederverkäufer

    Die (objektive) Beweislast bzw. Feststellungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt der Wiederverkäufer.

    Das bedeutet: Wenn das Finanzamt Umstände ermittelt, die gegen die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung sprechen, geht es zu Lasten des Wiederverkäufers, wenn sich am Ende nicht aufklären lässt, ob die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung vorliegen oder nicht.

    Im konkreten Fall lagen auch keine Umstände vor, die beim Kläger einen Vertrauensschutz begründet hätten.

    Konsequenz: Regelbesteuerung mit Nachforderungen

    Die Weiterveräußerung durch den Wiederverkäufer unterliegt jetzt der Regelbesteuerung. Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer ist der Verkaufspreis (aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen) ist. Daraus können gravierende Umsatzteuer-Nachforderungen entstehen.

    Beispiel

    Wiederverkäufer W kauft von Privat (P) ein gebrauchtes Auto für 20.000,00 € und verkauft es für 22.000,00 € weiter.

    Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis (= 2.000,00 €). Aus dieser Differenz ist die Umsatzsteuer herauszurechnen, das entspricht 319,33 € Umsatzsteuer (Differenzbesteuerung).

    Abwandlung: Die Betriebsprüfung stellt fest, dass P tatsächlich keine Privatperson ist. Vielmehr war P (verdeckter) Vertreter eines Händlers, der nicht nach außen auftreten wollte und der seinerseits die Differenzbesteuerung zu Unrecht anwandte. Daraufhin wird W die Differenzbesteuerung versagt.

    Bemessungsgrundlage ist jetzt der Verkaufspreis (22.000,00 €), aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist. Das entspricht 3.512,61 € – also ca. dem 11-fachen der Umsatzsteuer, die bei Anwendung der Differenzbesteuerung anfallen würde!

    Auf dem Mehrbetrag (3.512,61 € ./. 319,33 € = 3.193,28 €, zuzüglich Nachzahlungszinsen) bleibt W „sitzen“, weil er (mangels ordnungsgemäßer Eingangsrechnung) keinen Vorsteuerabzug aus dem Ankauf des Autos geltend machen kann.

    Ärger mit dem Finanzamt?

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  • Keine Verwerfung der Differenzbesteuerung bei Verstoß gegen Aufzeichnungspflichten

    Unter bestimmten Voraussetzungen können Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG anwenden.

    Aufzeichnungspflichten des Wiederverkäufers

    Dazu muss der Wiederverkäufer aber bestimmte Aufzeichnungspflichten erfüllen, die in § 25a Abs. 6 UStG geregelt sind. Beispielsweise ist der Einkaufspreis aufzuzeichnen.

    In der Praxis werden diese Aufzeichnungspflichten nicht immer erfüllt. Jahre später wird dies dann beispielsweise von einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung oder Fahndungsprüfung aufgedeckt. Fraglich ist dann, welche Konsequenzen bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten gemäß § 25a Abs. 6 UStG drohen.

    Steufa: Versagung der Differenzbesteuerung

    In einem aktuellen Fall ist die Steuerfahndung der Meinung, bei einem Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten sei die Differenzbesteuerung im Ganzen zu versagen. Konsequenz: Alle Ausgangsumsätze des Wiederverkäufers würden dann voll der Umsatzsteuer (19 % unterliegen).

    BFH: Schätzung

    Das ist so nicht korrekt. Nach einer Entscheidung des BFH vom 12.05.2022, Az. V R 19/20, gehören die Aufzeichnungspflichten des § 25a Abs. 6 UStG nicht zu den materiellen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung. Daher führt ein Verstoß gegen diese Aufzeichnungspflichten grundsätzlich auch nicht dazu, die Differenzbesteuerung zu versagen. Vielmehr ist dann (sachgerecht) zu schätzen (§ 162 AO).

    Praxis-Tipp

    Eine Schätzung kommt nach den allgemeinen Grundsätzen nur in Betracht, wenn und soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 Abs. 1 S. 1 AO).