Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Tag: Nachkalkulation

  • „Amtliche Richtsatzsammlung des BMF auf dem Prüfstand“

    So lautet die – stark untertriebene – Überschrift einer Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs vom 25.09.2025.

    Mit Urteil vom 18.06.2025 (X R 19/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Anforderungen an Schätzungen bei mangelhafter Kassenführung neu justiert und insbesondere die amtliche Richtsatzsammlung kritisch hinterfragt.

    Der Fall

    Ein Diskothekenbetreiber führte offene Ladenkassen ohne Einzelaufzeichnungen. Finanzamt und Finanzgericht schätzten die Umsätze anhand der Richtsatzsammlung für Gastronomiebetriebe (Rohgewinnaufschlag 300 %).

    Kernaussagen des BFH

    • Schätzungsmethoden: Finanzamt und Gerichte sind frei in der Wahl, müssen aber die plausibelste Methode wählen. Vorrangig ist meist eine innerbetriebliche Nachkalkulation gegenüber pauschalen Richtsätzen.
    • Zulässigkeit der Richtsätze: Grundsätzlich erlaubt – aber nur als Variante des äußeren Betriebsvergleichs. Der BFH äußert jedoch erhebliche Zweifel an ihrer Verlässlichkeit.
    • Kritikpunkte: Die Richtsätze beruhen auf Betriebsprüfungsfällen und sind damit statistisch verzerrt. Viele Unternehmenstypen fehlen. Zudem ist oft unklar, nach welchen Kriterien der passende Richtsatz ausgewählt wird.
    • Besonderheit im Fall: Eine Diskothek ist in der Sammlung gar nicht aufgeführt. Der Rückgriff auf Gastronomie-Richtsätze ohne Begründung war rechtsfehlerhaft.

    Einer der zentralen Leitsätze des BFH lautet:

    6. Es bestehen gegenwärtig erhebliche Zweifel, ob die amtliche Richtsatzsammlung in ihrer bisherigen Form eine geeignete Grundlage für einen äußeren Betriebsvergleich darstellt.

    Bedeutung für die Praxis

    Die Entscheidung schwächt den Stellenwert der Richtsatzsammlung. Berater und ihre Mandanten können künftig erfolgreicher einwenden, dass eine Schätzung anhand pauschaler Richtsätze ungeeignet ist. Innerbetriebliche Nachkalkulationen werden dagegen an Bedeutung gewinnen.

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  • Shisha im Finanzamt

    Ein Mandant betrieb eine Shisha-Bar. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde ihm – neben anderen „Baustellen“ – vorgeworfen, Tabak „schwarz“ eingekauft und „unversteuert“ zum Rauchen angeboten zu haben. Die Betriebsprüfung erstellte eine Tabak-Nachkalkulation und schätzte ca. 40.000 € Betriebseinnahmen zu.

    Im Einspruchsverfahren beantragte ich einen Erörterungstermin. Ich bat meinen Mandanten, eine Shisha nebst Zubehör als „Anschauungsmaterial“ zum Termin mitzunehmen. Das sorgte im Finanzamt zunächst einmal für eine entspannte Gesprächsatmosphäre. Am Ende hatte mein Mandant dann Gelegenheit, zu erläutern, wieviel Tabak tasächlich in einen Pfeifenkopf hinein passt. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass das Finanzamt von falschen Werten ausging.

    Ergebnis des Erörterungstermins: Die Schätzung wurde um 20.000 € reduziert.

  • Steuerstrafverfahren gegen China-Restaurant-Inhaber gemäß § 153 StPO eingestellt

    Gegen den Inhaber eines China-Restaurants wurde 2013 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, das jetzt sein erfreuliches Ende fand.

    Ausgangspunkt: Betriebsprüfung mit Zuschätzung

    Ausgangspunkt und Anlass der Ermittlungen war eine Betriebsprüfung für die Jahre 2005 bis 2007. Die Prüferin hatte laut Prüfungsbericht festgestellt, dass private Kosten für Zigaretten (es ging um ca. 1.000 bis 2.000 € pro Jahr) zu Unrecht als Wareneinkauf verbucht wurden. Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug seien insoweit zu Unrecht erfolgt. Des Weiteren habe eine durchgeführte Nachkalkulation zu erheblichen Differenzen zu den bisher erklärten Umsätzen geführt (Zuschätzung von 20.000 bis 30.000 € pro Jahr).

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