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Tag: EuGH

  • Akteneinsicht beim Finanzamt aufgrund DSGVO und EU-Grundrechte-Charta

    Kein Akteneinsichtsrecht aus der AO

    Aus der Abgabenordnung (AO) ergibt sich kein Anspruch auf Akteneinsicht im Besteuerungsverfahren. In allen anderen Verfahrensordnungen ist ein Akteneinsichsrecht selbstverständlich, nur im Besteuerungsverfahren nicht. Grundsätzlich hat der Steuerpflichtige nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Akteneinsichtsantrag. Immerhin besteht im Einspruchsverfahren gemäß § 364 AO ein Anspruch auf Offenlegung der Besteuerungsunterlagen.

    DSGVO

    Spätestens seit 2019 kommt Bewegung in die Sache. Das Finanzgericht des Saarlandes (03.04.2019, 2 K 1002/16) und das Sächsische Finanzgericht (08.05.2019, 5 K 337/19) entschieden, dass sich aus Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht im Besteuerungsverfahren ergebe. Beide Entscheidungen betrafen zwar Betriebsprüfungs-Fälle, sie lassen sich jedoch allgemein auf das Besteuerungsverfahren übertragen.

    Dem gegenüber meint das Niedersächsische Finanzgericht (28.01.2020, 12 K 213/19), die DSGVO sei im Bereich des Steuerrechts nur auf die sog. harmonisierten Steuern – insbesondere die Umsatzsteuer – anwendbar, nicht dagegen beispielsweise bei der Einkommensteuer.

    EU-Grundrechte-Charta

    Zudem entschied der EuGH (16.10.2019, C-189/18), dass sich aus dem in Art. 47 der EU-Grundrechte-Charta geregelten Grundsatz des fairen Verfahrens ein Akteneinsichtsrecht gegenüber dem Finanzamt ergebe. Im Streitfall wurde einem Unternehmer der Vorsteuerabzug versagt, weil sein Lieferant in ein „Mehrwertsteuer-Betrugssystem“ eingebunden gewesen sei. Der Unternehmer begehrte Akteneinsicht in die Steuerakten des Lieferanten, um sich hiergegen verteidigen zu können. Die Akteneinsicht wurde ihm zu Unrecht versagt, so der EuGH. Diese Entscheidung wird man über die harmonisierten Steuern (z. B. Umsatzsteuer) hinaus aber nicht anwenden können.

  • Kein Vorsteuerabzug der GmbH aus Strafverteidigerkosten des Geschäftsführers

    Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit Urt. v. 21.02.2013, Az. C-104/12, entschieden, dass einer GmbH kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten zusteht, die in einem Strafverfahren gegen ihren Geschäftsführer entstanden sind. (mehr …)

  • EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten

    1. Bestimmt sich der von der EuGH-Rechtsprechung bei der Auslegung des Begriffs für „Zwecke seiner besteuerten Umsätze“ i.S. von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG als maßgeblich erachtete direkte und unmittelbare Zusammenhang

    – nach dem objektiven Inhalt der vom Steuerpflichtigen bezogenen Leistung (hier: Tätigkeit eines Strafverteidigers, damit eine natürliche Person nicht strafrechtlich verurteilt wird) oder

    – nach dem Entstehungsgrund der bezogenen Leistung (hier: wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen, bei der angeblich eine Straftat durch eine natürliche Person begangen wurde)?

    2. Falls es auf den Entstehungsgrund ankommt: Ist ein Steuerpflichtiger, der eine Leistung zusammen mit einem Angestellten in Auftrag gibt, gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zum vollen oder nur zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt und welche Anforderungen bestehen bei Bezug einer Leistung durch mehrere Empfänger an die Rechnungserteilung gemäß Art. 22 Abs. 3 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG?

    @ BFH, Entscheidung vom 22.12.2011, V R 29/10

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